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>>Verweile nicht in der Vergangenheit, träume nicht von der Zukunft. Konzentriere dich auf den gegenwärtigen Moment.<<
Buddha

 

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Der Bericht erschien am 31.1.2017 bei dem Verlag "Reise Know-How".

Neuseeland - Nordinsel
Neuseeland - Südinsel
Australien - Südwest
Taiwan
Japan
Zeitungsartikel

Neuseeland - Nordinsel

Ich sitze im Zelt bei 15 Grad um halb neun abends und verfasse meinen ersten Bericht über diese Radreise mit Shui. Nach einem anstrengenden Rad-Tag gibt es nichts Besseres als einen kühlen Fluss mit einem kleinen, aber feinen versteckten Zeltplatz.

Gebadet und Wäsche gewaschen im Fluss, ein köstliches Kraftmahl aus allerlei Gemüse plus Reis und Linsen gezaubert und zu guter Letzt noch die unzähligen Vögel beim Singen bewundert. Ich schreibe aus Neuseeland! Zwölf Stunden unterschied zum "Zuhause", das gab es auf meinen Reisen noch nicht. Umso witziger ist die Kommunikation. Ich stehe auf, Familie und Freunde gehen schlafen. Ich gehe schlafen, sie stehen erst auf. Mittlerweile ist es Routine geworden, doch anfangs war es sehr interessant zu merken, wie die Welt "zusammengebaut" ist/wurde.

Mal der Reihe nach...

Noch bis ca. zwei Wochen vor Abflug hatte ich drei Ideen, wo ich meinen Winter verbringen wollte. Fest stand, dass ich wieder mit Shui wegfahren wollte. Für Südamerika war es bereits zu spät, Südafrika und Richtung Norden hätte etwas mehr Zeit für die Planung gebraucht. Somit blieb nur noch Neuseeland übrig. Mehrere verschiedene Abflugsorte und -Zeiten hatte ich mir angeschaut und von München aus gab es das günstigste Angebot. Also gut, in zwei Wochen, am 17.Nov., sollte es losgehen ...

Bis dahin war noch einiges zu erledigen, was ich dann auch erfolgreich schaffte. Lustigerweise flog ein Guidekollege, mit dem ich zusammen die MTB-Alpen-Guiding-Touren mache, im gleichen Flieger mit und er hatte auch noch das gleiche Reiseziel!

Bei einem sechsstündigen Zwischenstopp in Hongkong konnte ich eine Freundin treffen, bevor es nach Auckland weiterging. Bei einer Gesamtflugzeit von 32 Stunden war ich froh, dass es mir viel kürzer vorkam. Am Flughafen bekam ich dann erstmal die Nachricht, dass mein Gepäck nicht mitgekommen sei. Ich möge mich an den Service-Schalter wenden. Auf dem Weg dorthin kam ich an den Gepäckausgabe-Bändern vorbei und siehe da, erkannte ich sofort Tasche und Karton! :)

Doch also mitgekommen und irgendwie nicht registriert. Egal! Drei Stunden später war ich fix und fertig raus aus dem Flughafen. All mein Gepäck wurde kontrolliert nach Schmutz. Shui war sauber, den hatten sie in Ruhe gelassen, mein Zelt war es auch, nur die Heringe nicht. Dennoch dauerte es. Draußen vor der Eingangstür durften Nathan (mein Guidekollege) und ich unsere Räder zusammenbauen. Wie bereits oben geschrieben, nach drei Stunden konnten wir losfahren.

Moment ... die fahren hier ja links! Vorbereitet oder eingelesen hatte ich mich nur in Bezug auf Berge und schöne Landschaften, ach und ob ich einen Steckdosenadapter bräuchte (ja, braucht man). Nun ja, also wird hier auf der anderen Straßenseite gefahren, gut. Nach ca. einer Woche klappte es dann wunderbar. Nathan und ich gewöhnten uns erstmal an den Verkehr, der nicht gerade wenig ist. Ich war sehr überrascht, denn der Name "Neuseeland" war für mich wie: Natur, wenig Autos, wenig Verschmutzung, abgeschiedene Orte usw. Genau das Gegenteil erblickte ich.

Wir bewegten uns Tag für Tag Richtung Norden. Was wir sahen, waren extrem (!) viele Kuhherden, ganz viel Zaun und sehr viele Autos oder LKWs. Letztere entweder mit Holz (für China) oder Milchtransporter. Ich war enttäuscht. Links und rechts vom Straßengraben lag sehr viel Müll herum. Bierflaschen (Scherben), Windeln, Säcke, Kleidung und viel anderer Müll wie Verpackung (coffee to go??, Softdrinks?? Zufällig?) und Essensreste. Krass!

Auch war ich SEHR "erstaunt" über all die Fast-Food-Ketten. Fast jede Kleinstadt, die wir durchfuhren, roch nach Pommes! Ich war traurig gestimmt, all dies in einem so jungen Land zu entdecken. Da schützen sie den Kiwi-Vogel und bevor man die Kauri-Wälder betritt, möge man sich bitte die Schuhe desinfizieren. Und dann stellte ich so einen Umgang mit der Natur fest und war fassungslos über die Ernährung der Menschen hier.

Ein paar Tage später fuhr Nathan noch weiter hinauf in den Norden und ich schlug den Weg Richtung Südinsel ein, um eben DAS Neuseeland zu entdecken. Kurz vor Auckland machte ich bei einem Pärchen halt, das ich über das Internetportal "Warmshowers" kontaktiert hatte und die mich daraufhin zu sich einluden. Zwei Nächte verbrachte ich bei ihnen und sie erklärten mir einiges über die Inseln. Der Müll und die Ess-Gewohnheiten waren ihnen selbst auch schon längst aufgefallen und sie hatten überhaupt kein Verständnis dafür bzw. verurteilten dieses Verhalten sehr stark.

Diana und Roel schenkten mir in der Zeit nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch Hoffnung, dass es im Süden besser sein würde. Ich war positiv gestimmt und radelte zwei Nächte später los. VIER STUNDEN erstmal durch den Verkehr von Auckland (ich hatte bereits die kleinen Straßen ausgewählt und sogar eine Fähre genommen). Bis noch vor paar Jahren war Auckland flächenmäßig die größte Stadt der Welt!! Das liegt daran, dass fast jeder in einem Einfamilienhaus leben möchte und nicht mehrstöckig. Diese Form der Lebensqualität ist sogar im Gesetz niedergeschrieben.

Sobald ich raus aus dem Verkehr war, atmete ich tiiiiief durch und genoss die gute Luft des Landes und des Meeres. Ab jetzt sollte es toll werden! Die Nacht verbrachte ich bei Steve und Luk. Ich hatte sie gefragt, ob ich mein Zelt vor ihrem Haus aufstellen dürfe. Sie sind im Besitz einer der größten Farmen der Nordinsel. Wohin man auch schaut, sieht man ihre Farm, bekomme ich als Info. Über 3000 Schafe und knapp 500 Kühe stehen auf ihren Weiden. Ich durfte bei ihnen duschen und mit ihnen gemeinsam Essen, ohne dass ich danach gefragt hatte. Die Einwohner, die ich ansprach, waren sehr freundlich. Mehrmals war ich "gezwungen", die Leute zu fragen, ob ich auf ihrem Grund campen dürfe, denn ALLES sonst war mit Zaun abgesperrt.

So erfuhr ich vieles über Land und Leute, duschte fast täglich :) und campte legal. Dennoch bevorzugte ich dort zu übernachten, wo ich es schön fand. Diese Plätze waren aber wegen der Absperrungen oder Ausschilderungen äußerst rar.

In Neuseeland gibt es ab hier in "Thames" zahlreiche Strecken, extra für Radfahrer angelegt, umgebaut oder nur ausgeschrieben. Den "Hauraki Rail Trail" nahm ich für den Weg Richtung Süden. Eine alte Bahnstrecke, umgebaut, echt toll! Wenig bis gar kein Verkehr und die Landschaft war auch reizender. Shui lief super und ich fühlte mich besser. In "Matamata" erkundigte ich mich nach den Hobbit-Häusern und wie man dorthin kommt. Leider sieht man aber nur etwas, wenn man sich einer geführten Bus-Tour anschließt. Tja, also weiterfahren bis zum Ausgangspunkt "Waikato River Trail". Der war so richtig schön! Zwar nicht immer einfach mit einem voll gepackten Rad, aber landschaftlich um so eindrucksvoller. Diese angelegten Trails sind in verschiedenen Schwierigkeitsstufen eingeteilt. Von ganz einfach bis sehr schwer. Eine gute Übersicht bekommt man im Internet unter "NZ cycle trails".

Anschließend entschied ich mich für den "Timbertrail". OUH YEAH!! NUR Wald! ... und Wurzeln und Matsch. Aber voll schön! Das besondere an der ganzen Fahrt waren die Vogelgesänge aus den Tiefen des Waldes zu jeder Tageszeit, aber besonders morgens und abends. WOW! Die Fahrt mit Shui allein war schon ein Erlebnis. Ich wurde komplett durchgeschüttelt. Jede Wurzel habe ich registriert. Hin und wieder musste ich Hängebrücken bis zu einer Länge von 141 m und einer Höhe von 53 m überqueren! Ein absolutes Spektakel. Es stimmte alles, die Umgebung, die Gesundheit und die Performance von Shui und meiner Ausrüstung. Ich war happy!

Ich habe oft und lange überlegt, warum es ein so "schwieriger" Anfang in NZ für mich war und kam zu dem Ergebnis, dass das Land nicht stimmig für MICH ist: Einerseits der Schutz der Natur, angefangen mit sehr strengen Einreisekontrollen. Andererseits dann diese Ausnutzung und Verschmutzung der lebensnotwendigen Natur - der Erde. Ich habe selten, ein Auto mit mehreren Personen als den /die FahrerIn gesehen … nur mal so nebenbei bemerkt.

Aber jetzt war ich bester Hoffnung, dass es besser würde, je weiter südlich ich kam. In der Tat! Nach dem "Timbertrail" war alles einfacher und das Leben während des Trails hätte nicht schöner sein können. Alles beeinflusste meine Stimmung: das Campen (=weniger Zäune), weniger Verkehr und die Natur wirkte naturbelassener. Mein glückliches Empfinden für das Leben und das Radfahren war wieder da.

Ab „Taumarunui“ folgte ich erstmal dem Highway No.4 mit schöner Aussicht auf den "Tongariro"-National Park, bevor ich nach "Ohakune" abbog und von dort einer urschönen langen Schotterpiste gen Süden folgte. An diesem Tag waren es nur SIEBEN Fahrzeuge, die ich sah. Herrlich! Einfach nur schön! Sandig gefärbt kam ich im sympathischen "Huntersville" an und campierte dort im freien Camping- und Picknick- Bereich. Die nächsten kommenden Tage durchfuhren Shui und ich viele schöne kleine Orte und zum Schluss auch noch schöne Weinanbau-Gebiete. In einem der Orte kaufte ich in einem kleinen Laden, der von zwei Männern aus Indien geführt wird, Brot ein. Sofort finden an, uns anzulächeln. Indien ist meine große Liebe und die Menschen dort sind mir einfach vertraut. Mit meinen wenigen Worten Hindi belustigten wir die ganze Brot-Sache und anschließend picknickte ich gemütlich im Park.

Mit großer Vorfreude fuhr ich weiter auf dem Weg nach Wellington. Dort nämlich traf ich meinen Freund aus dem Iran, Mehdi. Auf meiner großen Radreise 2009 von Deutschland nach Hongkong lernte ich ihn kennen und lebte für paar Tage bei ihm in Mashad, eher ich nach Turkmenistan weiterfuhr. Unser Wiedersehen war fast schon brüderlich, wir hatten uns viel zu erzählen und speisten dank seiner Frau Raha, wie damals im Iran, einfach nur köstlich und vollwertig! Beste Nahrung für müde Radfahrer und auch alle anderen :) Mit Mehdi genoss ich seit Langem wieder gutes Brot. Ein echtes deutsches Brot sogar! Wir besuchten eine kleine Bäckerei, die von einem Deutschen geführt wird. LECKER und vital, sag ich da nur. Sauerteig-Roggenbrot vom Feinsten.

Wie es weiterging- auf der Sündinsel- erzähle ich im nächsten Bericht. Vorab: Es wird teilweise unglaublich schön! So richtig unglaublich, aber doch wahr, zum Glück!

>>oben

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Neuseeland - Südinsel

Zuletzt berichtete ich von der Nordinsel Neuseelands und den Besuch meines iranischen Freundes Mehdi und einer deutschen Bäckerei bei Wellington.

Für meine Weiterreise auf die Südinsel nahm ich gleich zwei Laib Brot mit ins Gepäck. Der Baden-Württembergische Besitzer freute sich über ein Gespräch unter Brotfreunden und dann noch auf Deutsch. Die dreistündige Fahrt mit der Fähre von Wellington nach Picton fährt durch die "Cook-Street". Berühmt berüchtigt für das unberechenbare Wetter. Hier trifft die Tasmanische See auf den Südpazifik, oder auch umgekehrt. Knapp eine Stunde vor der Ankunft, Land in Sicht! Und was für eines. Die sog."Sounds" von Marlborough. So in etwa wie Fjorde nur nicht so steil und hoch wie in Norwegen oder im südlichen Teil der Südinsel Neuseelands.

Bis die Fähre angelegt hat, verbrachte ich die Zeit oben am Deck und bewunderte die natürlichen Bauwerke. Sobald ich wieder Land unter den Füßen hatte, fuhr Shui und ich los Richtung „Blenheim“. Übernachtet habe ich irgendwo dazwischen in den Büschen: vollkommen ausreichend! Morgens ging es dann weiter in die Stadt hinein: Taschen vollmachen mit Proviant für bis zu fünf Tage. Ich hatte eine kleine Exkursion ins Ungewisse geplant. Hinunter zu "Hanmer Springs" auf Schotter. Knapp 150 km Distanz hatte ich die Info, mehr nicht. Ich fragte noch verschiedene Personen ob die "Straße" offen wäre und in welchem Zustand, als Antwort stets "Das schaffst du schon" oder "Ooooh, ich weiß nicht ob das so ne gute Idee ist"...

Nun ja, ich wollte es befahren und so tat ich es. Es ging los, immer weniger Verkehr bis letztendlich gar keiner mehr und nur noch Schotter, der sehr gut zu rollen war. Nach gut 30 km, erstes Schild "Straße gesperrt". Das heißt noch lange nichts, dachte ich mir. In Italien stehen auch Baustellenschilder obwohl keine Baustelle zu sehen ist. Also weiter gings… Nach einem kleinen Pass, fing es an zu regnen und schon bald kam ein weiteres Schild mit gleicher Nachricht. Dennoch fahre ich weiter und frage den ersten Autofahrer der mir entgegen kommt nach dem Status. Er meinte, 30 km weiter sei beim großen Erdbeben in November ein Erdrutsch abgegangen und hätte die Straße blockiert, mehr wisse er aber nicht. Hmmmm, in Indien im Himalaya heißt das noch lange nichts :) also fahre ich weiter und frage ca. zehn Kilometer davor ein Pärchen das dort wohnt. Sie meinten ich könne evtl. oben drüber klettern, schließlich arbeitet dort ja auch die "Aufräum"-Firma. Guter Hoffnung und Bildern aus dem Himalaya des Jahres 2005, als zig Menschen und ich über solche Verschüttungen geklettert sind, fuhr ich weiter. Schon bald hörte ich zwei Hubschrauber um diese Stelle herumkreisen und dann schon bald kamen noch mehr Schilder zur Sicht mit offensichtlicher Nachricht sich der Stelle nicht zu nähern. Aber ich wollte doch in Erfahrung bekommen, ob ich dennoch rüber konnte!

Deswegen durchfuhr ich die Absperrung und schaute mal ganz vorsichtig was da los war. Oooops, da war etwas mehr als nur eine Verschüttung. Ca.100 m „Straße“ fehlte da!! Ich schaute mich um nach möglichen Trage-/Schiebepassagen aber es war nichts als steile Wand zu sehen. Die Helikopter kreisen um die Stelle herum und flogen Wasser hin und her, wohl um die Verschüttung mittels Wasser "wegzuspülen". Ich denke, einer der Piloten meldete mich bei einem der Bauarbeiter via Funk und während ich mich noch umschaute, kam ein Gebrüll von oben, was ich "zur Hölle" denn da mache!! Kommentarlos ging ich zurück zu Shui und radelte den gleichen Weg zurück. Der Regen hatte kurz vor Abend aufgehört, was das Campen in den Weinfeldern vereinfachte. Nächsten Tag kam ich mit vollen Taschen in „Blenheim“ zurück und organisierte mich neu. Routenänderung!

Also doch schon früher entlang der Nordküste. Am Weg Richtung Nelson, begrüßte mich ein starker Regenschauer, dem ich aber ausweichen konnte indem ich mich auf einer überdachten Terrasse versteckte. Das Wasser von oben wollte nicht aufhören und so fragte ich dann doch mal bei den Hauseigentümern nach, ob ich evtl. mein Zelt auf der Terrasse aufbauen und auch die Nacht verbringen dürfe. Ohne Zweifel kam ein "Ja" und das Angebot einer Dusche entgegen. Wir unterhielten uns anschließend noch ein wenig über den Verkehr, ihre Farm und ihren wunderschönen Italien-Urlaub vor paar Jahren. Die Nacht später rollte ich weiter vorerst nach Nelson, dann weiter am supertollen "Tasman´s Great Taste Trail" und über den "Takaka Hill"-Pass mit immerhin 791m auf die andere Seite mit ganz viel Wasser. Schön ruhig entlang des Meeres, mit wenig Verkehr und farbenreicher Landschaft kurbelte ich so dahin. Als es dann aber mal wieder Zeit war, sich um einen Spot zum Campen umzuschauen bekam ich beim Wasserauffüllen einen Tipp von einem netten Herrn. Ich möge noch paar hundert Meter weiterfahren und vor der Brücke die Schotterstraße hinunterfahren. Also gut… Ich kam dort an und es begrüßte mich ein Verbotsschild für „Zelt-Camper“ und das obwohl eine Toilette vorhanden war. Ich fragte einen Toyota-Camper ob er kontrolliert wurde oder ähnliches mitbekommen habe. Mit der Antwort „Nein“ wusste ich wo ich heute mein Zelt aufschlagen würde. Ich ging hinunter zum Wasser um zu Baden und Wäsche zu waschen. Da kam „Karl“ (Der Toyota-Camper) und bot mir an mit in seinem Wohnmobil zu übernachten. „Ja klar! - Danke!“. Frisch geduscht gings zum Bus und so verbrachten wir den frühen Abend bei leckerem Campingessen, Rotwein, Sonnenuntergang und netten Gesprächen.
Den Morgen danach fuhr ich bis zum "Wharariki"-Strand vor. Sehr wilde Gegend, extrem starker Wind, zwei Robben und viel Sand. Von Wasser keine Spur, Ebbe. Ich genoss eine kleine Wanderung in diesem Gebiet eher es langsam am gleichen Wege wieder zurück ging. Jup, das war eine Sackgasse. Eine schöne 220 Kilometer lange Sackgasse! Empfehlenswert!

Es folgte also wieder der 791m hohe Pass und dann gings rechts Richtung "St.Arnaud". Ich folgte wieder ein Stück dem tollen "Great Taste Trails" und genoss ruhige Straßen mit viel Vogelgesang. Übernachtet habe ich in der Nähe eines Flusses wo ich mir den Schweiß vom Pass abwaschen konnte sowie meine Kleidung spülen/waschen konnte. Perfekt!

Von "St.Arnaud" gings der sog. "Rainbow Valley Road" nach "Hanmer Springs". Leute, was für eine atemberaubend schöne Gegend! Aber!! Eigentlich wollte ich diese Strecke jetzt in anderer Richtung fahren, sprich von der einen Schotterstraße kommend, wo ich nicht durchfahren konnte... So, jetzt fahre ich diese Rainbow Straße (die erste paar Kilometer waren geteert) und nach der ersten großen Bachüberquerung kommt das allergleiche Schild wie schon damals... "Road Closed". "Neee, nicht diese auch noch!!" dachte ich mir.

Trotzdem überquerte ich die Barriere und es ging weiter. Eine Bachüberquerung nach der Anderen. Die eine tiefer die anderer flacher und die Berge links und rechts und vorne und hinter mir ein MEGAKNALLER. Absolute Schönheit und Wildnis! So ging es noch über 50 Kilometer auf Schotter. Mal gut rollender mal eben nicht :)

Schließlich kam ich an eine Schranke die von der anderen Seite verschlossen war und das gleiche Schild an sich trug. "Also bin ich nun wieder "legal" unterwegs" dachte ich mir und stimmte mich positiv als ich „drüben“ war. Alle Taschen ab und rüber über den Zaun. Weiter gings durch enge Schluchten und wieder offene Prärien, Bachüberquerungen und letztendlich steigend der Piste entlang. Ein Auto nur war mir bis vor dem "Road Closed" Schild begegnet. So beschloss ich direkt am "Straßen"-Rand das Zelt aufzuschlagen und die Weite zu bewundern. Dieser Tag: Mein Rekord für die Reise in Neuseeland: 2000 Höhenmeter und 7:30 Stunden im Sattel auf 130 Kilometern. Phuuu! Ich staunte nicht schlecht beim Ablesen des Tachos.

Na dann, doch einen Löffel mehr an Reis und Linsen in den Topf! Die Sonne verabschiedete sich mit einem eleganten Licht- und Schatten-Spiel. Die Nacht brach ein und die Sterne kamen!!! Mhmmmm, wie damals im Himalaya oder Atlas Gebirge! Bereits ganz ganz früh am Morgen war ich wach. Vollkommen aufgeregt denn die Sonne schenkte wieder ihr schönes Licht am Horizont. Ich bestaunte den laaaangen Sonnenaufgang und fing anschließend mit dem Frühstück an. Ich parkte Shui neben mein Zelt und wie aus dem nichts kam eine starke Windböe und blies in direkt auf mein Haus. Ein Stück des Gestänges war gebrochen. Zum Glück blieb das Innen-und Außenzelt unbeschädigt. Das Gestänge flickte ich mittels des Reparaturkits und gut wars, hält!

Alles wieder am richtigen Fleck beladen, fuhr ich weiter. Der Anstieg dauerte noch an und das Wetter wechselte schön langsam. Starker Rückenwind entwickelte sich, ouh yeah! Gegen Mittag erreichte ich "Hanmer Springs" (der Weg dahin ist einfach wortwörtlich unbeschreiblich) und kontaktierte meine Gastgeber für die übernächste Nacht, dass ich gut angekommen sei und nun sicher sagen kann wann ich ihr Zuhause erreichen würde. Nur noch über den "Lewis Pass" (864m) und dann eher bergab bzw. flach hinab nach „Reefton“ und sie begrüßten mich mit offenen Armen. Er, Don, ein Polizist und Robyn, seine Frau eine Physiotherapeutin radelten 2015/2016 in 16 Monaten von Spanien nach Singapur und lebten diese Reise noch immer! Seit ihrer Ankunft vor paar Monaten sind sie bereits viermal umgezogen und haben letztendlich beschlossen jetzt in Reefton zu bleiben und Geld für den nächsten großen Trip zu sparen. Schien ihnen sicherer/einfacher als sich jetzt für einen Ort zu entscheiden.

Wunderbare zwei Tage verbrachte ich bei ihnen. Ich backte Vollkornbrote für sie und meine Weitereise und genoss einfach das "Nichts"-tun. Beide waren in gleicher Weihnachtsstimmung wie ich, sprich gar nicht. So aßen Don und ich die ganzen Plätzchen zusammen und wünschten uns lustiger weiße frohe Weihnachten vier Tage früher. Meine Fahrt ging weiter Richtung „Greymouth“ und dem sehr schönen "Westcoast Wilderness Trail" dem ich bis nach „Hokitika“ folgte. Hübsch und originell angelegt im Regenwald der Westküste.

In „Hokitika“ blieb ich für eine Nacht beim Gastgeber Kevin, der sehr viel aus seinem Leben zu erzählen hatte. Ich kam dabei nur selten zu Wort. Ich kochte uns ein einfaches aber köstliches Mahl und später spazierten wir noch einen Hügel hinauf um einen Ausblick auf die Kleinstadt, Meer und die Berge zu bekommen. Fast pünktlich zum Sonnenuntergang.

Weiter ging es auf dem Highway no.6 in vier Tagen nach Wanaka. Wenn nicht im Regen dann mit hunderten Sandfliegen. "Weihnachten" verbrachte ich irgendwo dazwischen im Zelt. Klimatisch bedingt fühlte ich mich ganz und gar nicht in Weihnachtsstimmung. Dennoch, bereitete ich mir am Tage des Heiligen Abends Pfannkuchen in meinem Topf zu. DIE Krönung meiner Kulinarik auf Radreisen!! Sind richtig toll geworden und so richtig satt war ich auch. Ein kleines Geschenk von Don und Robyn, meinen vorletzten Gastgebern, hatte ich im Gepäck und war richtig neugierig was sie sich für mich ausgedacht hatten. Leckerste hausgebackene Plätzchen!

Vom „Franz Josef Gletscher“ bekam ich leider nicht mehr zu sehen als hunderte Menschen entweder im gemieteten Campingbus oder unterschiedlichen Reisebussen. Jeden Tag war der Bergkamm von Wolken verhüllt. Somit entpuppte sich der Weg entlang der „Wetcoast“ - Westküste Richtung „Wanaka“ als nicht besonders Spektakulär. Viel zu viel Verkehr und die dichten Wolken (manchmal mit Sprühregen) versperrten jeden Weitblick.

Wobei, die letzten 70 Kilometer, also nach dem Haast Pass (ca.563m), sich die Wolkendecke lockerte und es sowie links als auch rechts von dem Highway schneebedeckte Gipfel zu sehen gab. Auch erfuhr ich eine sehr nette Geste eines jungen Herren, der mich zuerst mit dem Auto überholte, später am Straßenrand parkte, zum Kofferraum ging, dort einen Apfel herausnahm und ihn mir dann - während ich an ihm mit einem "Hello!" vorbei fuhr- mit einem Lächeln überreichte. Echt liab!

Der Wanaka- und Hawea See glitzerten im tiefen Blau da es wie aus dem nichts richtig sommerlich wurde! Dadurch dauerte es bis ich in Wanaka, zweitgößter Anlaufsspunkt nach Queenstown für allerlei Abenteuersport, ankam. Die Ausblicke verzauberten mich.

Bei der Post holte ich ein Paket mit Ersatzteilen für Shui ab, im Supermarkt kaufte ich Proviant ein und schlug den Weg zu Olly ein. Mein Gastgeber für insgesamt drei Nächte (Zwischen Billardtisch und seinem hoch getunten Mini Cooper in der Garage). Selber ist er nicht viel herumgekommen, sagte er, aber in paar Monaten möchte er sich auf eine Radreise begeben. Durch die "Warmshowers"-Seite beherbergt er Radreisende und sammelt so die besten Infos für seinen eigenen Trip. Clever!

Einen Tag genieße ich fast nur am Wanaka See Strand im Schatten mit Aussicht auf Wassersportbegeisterte und die Berge rundherum. Im "Aspiring National Park Office" erkundige ich mich nach dem Wetter für die nächsten Tage und über Wandermöglichkeiten. Eines sticht mir sofort ins Auge: die "Matukituki Valley" und der Zugang zum Mt.Aspiring mit seinen 3.033m. Ich bin Feuer und Flamme, erst recht nachdem mir die Dame erzählt, man könne mit dem Rad bis zur "Aspiring Hut" fahren (Das "Fahren" hört sich jetzt einfach an).

Ich kann es kaum erwarten, packe bei Olly nur das notwendigste ein, belade Shui und fahre am nächsten Morgen los. Die ersten 20 Km auf Asphalt, die nächsten 30 Km bis zum Autoparkplatz auf sehr staubigen Schotter und Waschbrett!!! Mich rüttelt es ordentlich durch und wegen auch hier sehr starkem Verkehr, sehe ich nach dieser Passage aus wie ein Sandmännchen. Am Parkplatz stärke ich mich erstmal ehe es über die Schranke auf den fahrbaren Wanderweg Richtung "Aspiring Hut" geht. Kurz darauf folgt eine Mögichkeit sich den "Rob Roy"-Gletscher anzusehen. Die meisten kommen wegen dieser kurzen Wanderung hierher. Ich parke Shui gegen einen Baum und schließe ihn ab. Zieh feste Schuhe an und marschiere knapp 40 Minuten hinauf. Was ich am Schluß sehe, kann nicht fassen. Ich bin überwältigt von dieser Schönheit und Masse! Fast zum Angreifen, so gewaltig sieht der Gletscher und die Berge aus. Ich verweile und lasse es auf mich wirken.

Wieder beim Shui wechsle ich wieder das Schuhwerk und fahre erstmal über eine Hängebrücke und schließlich rechts in das "Matukituki" Tal. OH MANNNN! Soooo schön! Neun Kilometer werde ich von absoluter wilder Gebirgswelt begleitet. Jeder Meter ist vollkommen! Hin und wieder ist der Pfad gut fahrbar manchmal weniger aber fast komplett flach bis auf eine richtig fiese Rampe. Eine weitere Hängebrücke ist zu passieren und letztendlich öffnet sich das Tal zur "Aspiring Hut" mit hohem goldenen Gras. Wie im Traum das alles. Ich schlage mein Zelt ganz nah des Flußes auf und bade erstmal eine Weile im eiskalten Wasser. Ich bin überglücklich!! Aufgrund dieser Kulisse kann ich die Zelt-Regenhülle noch nicht überwerfen. Zu schön um sie/sich abzuschotten. Ich koche aus dem Zelt heraus mit nur einem Arm, da die lästigen Sandfliegen mich sonst auffressen würden, jedoch stets einen Blick auf die Berge. Später, als es dunkler wird (gegen 21:30 Uhr) kombiniere ich Zähneputzen, Toilette und Zelt-verhüllen miteinander um so die Begegnung mit den Fliegen gering zu halten.

Die Nacht ist hell und der Morgen mit dem Licht wunderschön jedoch eiskalt (3 Grad)! Trotzdem gilt Sandfliegen Alarm! Echt nervig. Alles erledigt, fahre ich das letzte Stück zur Hütte (490m) und schließe dort Shui + Gepäck ab und wandere los zur "Liverpool Hut". Unterwegs ähnliches Schauspiel wie am Vortag. Diese Farben, Düfte und Ausblicke! Ich bin noch lange nicht gesättigt, fühle ich. Nach einem Abzweiger beginnt der anstrengende Teil dieses Tracks, "root climbing" wie es die Neuseeländer nennen. Ich übersetze es mit: ungesicherter Klettersteig. In der Tat, man klettert steil hinauf auf Wurzeln oder teils losem Untergrund. Echt nicht ohne! Nach schweißtreibender Kletterei erreiche ich ein Plätzchen ganz kurz vor der Hütte (1065m) und sage nur "BOOOAAAH!!" MEEEGAAAA! Die höchste Steigerung von "schön"! Berge, Schnee und Gletscher, blauer Himmel, goldenes Gras, türkises Wasser im Tal. Wie sich das anfühlt? - Euphorisch! Sprich zufrieden, glücklich, lebendig, frei, leer und leicht. In welchen Zustand mich - also MICH- diese Kulisse versetzt, war den mühsamen Aufstieg allein schon wert. Das Leben ist spannend und voller Geheimnisse! Ich mein nicht das Leben als Bezeichnung für paar aneinandergereihte Jahre, sondern das LEBEN mit dem eigenen Soundtrack, sprich des Herzschlags. Was in uns pro Sekunde geschieht ist nicht kaum zu fassen, sondern eigentlich gar nicht. All die Prozesse unter anderem die Aufnahme von schönen Ausblicken und Verarbeitung zum Gefühl das mich in den Zustand versetzte, sind es schon Wert, das LEBEN wertzuschätzen, sprich Dankbarkeit und Wertschätzung zu zeigen und das LEBEN zu LEBEN in all seiner Funktion und Möglichkeit.

Ich stand vorerst nur da und beobachtete den Lauf der Momente. Man könne meinen, da passiert nichts, es ist nichts los. Bei genauerem Hinsehen, geschieht da so einiges! Der verhangene Nebel im Gletscher schwebt vor sich hin und gibt stets neue bzw. andere Einblicke in seine Welt frei. Das Wasser im Tal folgt zwar stets gleicher Richtung, jedoch verändert es stets seine Formen und ist somit NIEMALS gleich. Ebenso die Wolken, die vom Wind bewegt werden, gleichen nie einer anderen. Die angenehme Windbrise streichelt über das goldene Gras, der Duft von der sonnengewärmten Erde und den Pflanzen schwebt in der Luft. Was alleine in uns passiert, wenn wir nur einen Atemzug machen ist weit weg von "da ist nichts los". :)

Ich genoss dieses Fleckchen Erde mit allen Sinnen, dann als der Magen knurrte bereite ich mir eine Brotzeit zu und weilte noch eine Zeit. Der Weg hinab erwies sich als noch anspruchsvoller als der Aufstieg, wie es ja meist ist. Also auch da höchste Aufmerksamkeit wohin ich welchen Fuß setzte. Die Hängebrücke hinter, folgte ich dem schmalen Weg zurück zu Shui aber drehte mich mehrmals um und hielt inne.

Wieder bei all meinem Gepäck und Shui, wechselte ich die Kleidung und rollte los zurück dem "Matukituki" Tal entlang. Jetzt hatte ich die Sonne hinter mir somit andere Beleuchtung auf die Berge vor mir, die ich bei der Hinfahrt ja im Rücken hatte. Oh man, alles ein Spektakel. So herrlich und wild. Ich komme nur schleppend voran, ständig bleib ich stehen und sauge die Landschaft förmlich auf. An der ekeligen Waschbrett Schotterpiste ist dann definitiv Schluss mit "Genießen". Harte Arbeit für Mensch und Material. Diesmal ziehen sich die 30 Kilometer enorm in die Länge und ich kann es kaum erwarten an der Straße anzukommen. Richtig durchgeschüttelt und eingestaubt hielt ich an einer der seltenen Buchten an (sonst ja alles mittels Zaun abgeriegelt) und kochte mir einen Kaffee. Ich dachte an nichts, sondern beobachtete nur die eingezäunten Rehe die keinerlei Schatten hatten um sich irgendwie verstecken geschweige denn der aggressiven Sonne entkommen konnten. Ich verspürte nur eine Abscheu gegen so eine Haltung und Mitleid mit den Tieren.

Während ich jetzt diese Zeilen tippe, überlege und merke ich, wie oft es heutzutage diesen Zwiespruch gibt: Schöne Natur aber gleich daneben entweder vermüllt, eingezäunt, Tiere eingesperrt, Tiere überfahren/verletzt liegen gelassen, Wälder teils ab gerodet, verbaut, abgebaut, etc... Eine echte Idylle wird mit der Zeit selten! Das gilt nicht nur für Neuseeland. Eines noch...an dem Plätzchen wo ich gerade sitze, wuuunderschöne Natur um mich herum, wilder Thymian-Geruch in der Luft. Aussicht auf Berge zwei verschiedener Farben, Wälder, sehr schöne Wolken. Tja..wie war es mit der Idylle?! Aus umliegenden Nähe höre ich bereits seit dem morgendlichen Stunden Pistolen- und Gewehrschüsse. Ich fragte meine Gastgeberin Inge was da los sei und sie meinte: Die Kirschplantagen Besitzer VERSCHEUCHEN die Vögel!!!! Na Servus! (Nachtrag: dies ging drei Tage lang so!!)

Zurück in die Zukunft Vergangenheit…
Nach dem Kaffee pedalierte ich wie ohne Widerstand auf der asphaltierten Straße gen Wanaka. Es war noch recht früh am Nachmittag und der kommende See lächelte mich sooo sehr an, dass ich meinen Plan umwarf nach Wanaka zu Olly zu fahren und beschloss direkt am See einen Platz zu finden zum Übernachten. Tjaaaa, aber alles eingezäunt. Ich finde eine Stelle an der der Zaun nicht all zu hoch ist und ich Shui samt Taschen auf einmal rüber heben kann eher mich jemand sieht. Perfekt! Auch der Spot ist ideal. Zuerst gehe ich Baden und schlage anschließend mein Zelt auf eher die Sandfliegen mich überlagern. Ich koche ein Kraftmahl und lausche dem Wasser, dass vom Wind bewegt wird und so eine angenehme Wellengang-Melodie schenkt. Ein wirklich schönes Plätzchen und angenehme schöne Nacht. Am Morgen des letzten Tages im Dezember bleib ich noch bisschen im Zelt liegen und beobachte das Drumherum. Wassersportbegeisterte dominieren bald schon lautstark den See. Weiter geht’s nach Wanaka und schließlich wieder zu Olly, meinem Gastgeber aus Warmshowers. Ich niste mich wieder in der Garage zwischen Billardtisch und Minicooper ein und fühle mich pudelwohl. Noch fünf weitere Radreisende finden Platz bei Olly an diesem Tag. Zwei Zelte stehen im Garten und die anderen nächtigen irgendwo im Haus. Angenehme Stimmung, interessante Leute mit verschiedenen Sprachen aber gleichem Reisemittel.

Bis zum Jahreswechsel sind es noch paar Stunden. Diese nutze ich mit Ersatzteilen tauschen an Shui, Wäsche waschen und das Jahr zu reflektieren. Gegen neun Uhr am Abend lieg ich bereits…

Im neuen Jahr 2017 wünsche ich Shui als allererstes ein neues „Cycling-Jahr“ und sonst ist es ein gewöhnlicher morgen. Alles gepackt, fahre ich weiter gen „Queenstown“. Anfangs denke ich mir nicht viel, als ich den starken Verkehr spüre aber als ich paar Kilometer weiterfahre, erkenne ich einen Parkplatz voll mit Autos. Letzte Nacht gab es hier ein Fest und das ist jetzt zu Ende somit fahren jetzt alle demnächst mal los. OUH NOOO!
EIGENTLICH ist es eine landschaftlich schöne Gegend. Die Verbindung Wanaka und Queenstown wäre es auch, nur der Verkehr! Links und rechts wachsen Meterhohe Lupinen in verschiedenen Farben. Ein kleiner Bach fließt entlang der Straße und die goldenen Hügel machen auch was her, ABER….. der starke Verkehr.
Dennoch erreiche ich nach einer Weile die Passhöhe von 1076m „Crown Range Summit“ mit Blick auf Queenstown und Umgebung. Schon schön! Spannend für jeden Piloten eines Flugzeuges, wenn er den dortigen Flughafen anfliegt. Dieser liegt genau zwischen den Bergen und man fliegt im Sinkflug unter den Bergkämmen. Schaut super aus!

Mit Top Speed rolle ich hinunter und biege ab auf den „Queenstown Trail“. Diesen folge ich mit bisschen Umweg durch eine sehr schöne Pampa. Auch diesen Trail haben die Kiwis (so nennen sich die NeuseeländerInnen) großartig angelegt und so eine Möglichkeit geschaffen ohne Verkehr in die Stadt zu kommen. Toll!
Sobald ich in der Stadt ankomme, suche ich bereits den Weg hinaus. Extrem überlaufen. Bürgersteige voll mit Leuten. Verkehr stockt.
Hier hatte ich ein Treffen mit Nathan ausgemacht. Wir hatten uns den Tag zuvor per Zufall in Wanaka getroffen und entschieden für paar Tage wieder gemeinsam zu radeln. Das Beste an dem Ganzen…wir hatten nur abgemacht, dass wir uns in der Stadt treffen. Ha ha ha. So komm ich in Queenstown an und suche meinen Weg zu einem Supermarkt und wer sitzt da auf der Bank am Weg dahin?? He he.. So einfach, schon gefunden.
Nathan und ich erledigen den Einkauf gemeinsam und fahren zu einem Spot den er den Tag davor, also letztes Jahr gefunden hatte zum Übernachten. Mit Blick auf den See und die umliegenden Berge! OUH YEAH! Ein großes Bier hat sich jeder von uns aus der Stadt mitgenommen, mit dem wir jetzt auch anstoßen. Über einen Monat hatten wir uns nicht gesehen und so hat jeder seine eigenen Erfahrungen gesammelt. Wir haben uns seeeehr viel zu erzählen. Eine willkommene Abwechslung.

Am nächsten Tag nehmen wir die „TSS Earnslaw“. Ein 104 jähriges Dampfschiff (größtes in der südlichen Hemisphäre) zur „Walter Peak Station“. Noch richtig mit Kohle betrieben. Man kann sich jeden Handgriff der Arbeiter im Maschinenraum ansehen. Selbst die Brennkammern werden mit Kohle gefüttert um so die Kolben in Bewegung zu bringen. Interessant das Ganze. Nicht nur für mich sondern auch die hundert weiteren Mitreisenden. Alle zusammen verlassen wir das Schiff nach einer 45minütigen Fahrt durch pittoreskes Gefilde. Nathan und ich fahren ab hier für die nächsten eineinhalb Tage eine schöne Schotterpiste. Die anderen Leute schauen sich im Gebäude gleich am Ufer an wie die Schafe geschert werden.
Wir folgen dem Weg des „Around the Mountains“- Trails. Schön abgelegen mit klasse Aussicht ganz für uns allein. Ganz nach RadfahrerIn Geschmack. Mittag genießen wir irgendwo zwischen den Bergen und den Schlafplatz am Abend wählen wir nahe eines Baches aus. Ist schon was Feines nach einem Radltag,- erst recht staubigen- sich ganz Körper waschen zu können. Einer nach dem Anderen von uns wattet durch das frische Nass. Herrlich!
Tag später erreichen wir „Te Anau“. Seit einem Tag geht es Shui ganz und gar nicht gut. Der Freilauf stockt und das ganze Lager der Hinterradnabe ist komplett locker. Echt ungut! Hin und wieder fahre ich im „Fixie“-Modus. Ähnliches hatte ich bereits in Tajikistan 2009. Dort aber konnte ich einen neuen Freilauf innerhalb eines Tages aus Deutschland importieren lassen. Aber hier erweist sich das als ein langes Prozedere. Eine XT-Nabe gibt es laut PC-System in ganz Neuseeland nicht. Ein sehr freundlicher Mechaniker von „Wild Rides“ möchte es dennoch versuchen und baut die gesamte Nabe und den Freilauf auseinander. Drei Stunden später meint er, er hätte es noch schlimmer gemacht. Oh Nein! In der Wartezeit hatten wir dennoch eine neue Nabe bestellt und an ein Fahrradgeschäft schicken lassen, zu dem ich glaubte noch irgendwie hinzukommen (ca.400 km davon 200 Schotter).
Kostenfrei verlasse ich die Werkstatt mit einem äußert unschön laufendem Shui. Die Kette bleibt mehrmals hängen so muss ich stets mittreten was besonders bergab nötig ist. Nun ja, Planänderung. Kajakfahren oder Wandern würde dafür sprechen um meinen Aufenthalt hier interessant und aktiv zu gestalten.

„Te Anau“ ist sozusagen der Ausgangspunkt für „Milford Sounds“ und den Weg dahin. Es gilt als eine der schönsten Gegenden Neuseelands zu sein. Fjorde und steile Wände mit Regenwald. Leider aber führt nur ein Weg dahin. Dieser ist stückweise recht schmal. Ich informiere mich nach der derzeitigen Lage und werde nach meiner Frage „wann es am besten wäre dahin zu radeln“ mit „um Mitternacht“ vertröstet. - „Es ist verdammt viel los und somit gefährlich!“
Hätte ich mir ja denken können. Bereits die letzten Kilometer auf dem Highway hierher war eine Menge Verkehr. Von hier aus starten noch zusätzliche Tourenbusse. Gut, dann überlege ich per Anhalter mit minimal Gepäck dahinzukommen um Kajak zu fahren. Ich informiere mich bezüglich dem Kajakfahrens und werde gleich mal mit Regeln bombardiert. Erstens, kann/darf ich nicht alleine, zweitens brauch ich ein Funkgerät, drittens muss ich mich beim Hafenmeister melden, viertens dürfte ich nur bestimmte Touren fahren und fünftens kann ich nicht dort ein Kajak mieten, sondern müsste es hier machen. Wobei es nicht ginge, weil ich ja allein bin (Nathan war bereits seiner Route weitergeradelt). Ok, erledigt. Ich verlasse die Stadt in die andere Richtung und stimme mich positiv.
Etliche Kilometer weiter treffe ich wieder auf den „Around the Mountains“-Trail und folge diesem. Etwas früher als sonst schlage ich mein Lager direkt am Flussufer auf und bereite mir einen Kaffee zu. Herrlich mit der Sonne und dem Wassergeräusch im Gras zu liegen und zu entspannen.

Selten finde ich sooo einen schönen Campingspot. Jedoch staune ich nicht schlecht als ich in der Nacht doch noch meinen Schlafsack zuschließen muss. Am Thermometer zeigt es mir im Zelt 0,9 Grad an. Dann sinds draußen wohl paar Minus. In der Tat, ich greife hinaus auf mein Zelt und es ist gefroren. Morgens brauche ich gleich mal länger. Ich warte auf die warmen Sonnenstrahlen die in kürze das Zelt so richtig aufwärmen. Großartig!
Nach dem Trail wechsle ich auf kleine Wege, auf denen ich in „Gore“ rauskomme. Ich kaufe mal wieder groß ein und packe meine Taschen voll. Zum Übernachten fahre ich gar nicht mehr weit weg aus der Stadt, sondern bleibe in der Nähe eines Parks. Am nächsten Tag komme ich in „Lawrence“ an nachdem ich etliche Höhenmeter durch hügeliges „Farmland“ geradelt bin. Dort treffe ich auf eine nette Dame in der Bücherei (kostenloses Internet), die mir einen guten Spot zum Übernachten verrät. Eine Stunde später steht mein Zelt inmitten wunderschöner Natur direkt an einem ruhigen See. Von hier ist es am folgenden Tag nicht mehr weit bis ich „Lindy“ aus Warmshowers treffe. Sie beherbergt mich für eine Nacht. Von der ersten Minute verstehen wir uns blendend und erkennen, dass wir Seelenverwand sind. Hinzu kommt, dass sie genauso gerne Indien mag, ruhige Musik hört, Räucherstäbchen anzündet und sich mit ihrem Partner „Mark“ ein Strohhaus gebaut haben, wie ich es mir erträume. Im ernst, ich fühle mich Zuhause. Lindy lässt die uralte Badewanne volllaufen mit angenehm warmen Wasser und zündet gleich dazu ein Räucherstäbchen aus Indien im Bad an. Oh man! Ich bin überwältigt als ich in der Badewanne richtig auflebe. Der Blick nach draußen durch das große Fenster, die Wärme, der Duft!! Später, unterhalten wir uns über dies und das aber stets gefühlt „verbunden“. Schweren Herzens verlasse ich die beiden und deren warmherziges Haus am späten Morgen.

Für die folgende Strecke habe ich mir den Weg des „Clutha Gold“-Trails ausgesucht. Super, super toll angelegt! Landschaftlich sehr sehenswert, Mirabellen liegen super-lecker-reif am Boden und sonst macht das Fahren auch richtig Spaß. Dennoch muss ich bisschen aufpassen, denn mein Hinterrad ist ja nach wie vor stark beeinträchtigt. Es knirscht und kracht, die Kette bleibt öfters hängen und paar wenige Male ist gar nichts. Ich fahre weiter ehe ich am „Pinders Pond“ zunächst ein langes Bad nehme und anschließend dort campiere. Ein kostenloser Campingplatz. Einer von Paar auf den zwei Inseln verstreut. Eine Toilette und Mülleimer, mehr nicht aber völlig ausreichend. Zahlreiche Campingbusse kommen gegen Abend an, somit ist es vorerst Ende mit der Ruhe.

Stunden später, in der Früh, geht dann das Aufräumen und Türe auf- und zuschlagen los, somit Ende mit Schlafen :) Ich frühstücke, packe meine Sachen und fahre los. Shui klingt immer schlechter, weit ist es aber nicht mehr nach "Alexandra" wo der Fahrradladen mit der hoffentlich bereits gelieferten Nabe ist. Eigentlich wollte ich noch den "Roxburgh Gorge"-Trail dranhängen und so in die Stadt kommen. Leider aber, wenn man den Trail erst angefangen hat zu fahren, muss man entweder ein Boot gegen Bezahlung (ca. 100 NZD!!! für paar Minuten Wasserfahrt) nehmen oder man fährt wieder zurück. Eine Alternative gibt es zu meiner Zeit leider keine, außer dem Highway.

So folge ich dem No.8 für die restlichen Kilometer. Unglaublich wie schnell sich die Landschaft geändert hat. Fast wie am Mond (war ich noch nie ;) ) sieht es aus. Weiter weg wieder goldenes Gras oder dichter Wald. Sehr schön diese Abwechslung. "Alexandra", ein kleines Städtchen mit allem was man so braucht, gefällt mir in den ersten Metern. Den Fahrradladen finde ich auch aufs Erste. Etwas aufgeregt bin ich aber auch voller Vorfreude. Dennoch werde ich verströstet, es sei noch nichts gekommen. Ich hatte bis dahin auch einen Plan B ausgetüftelt, eben wenn das Teil noch nicht da sein sollte. Sprich ich kontaktierte eine mögliche Gastgeberin vier Kilometer weg von "Alexandra" und werde sofort eingeladen. Inge, lebt an einem Hügel umringt von wildwachsenden Thymian-Pflanzen und baut eigenen Merlot-Wein an. Als einzige in „Central Otago“. Lebt auch sonst sehr einfach aber schön. Hört genauso gern asiatische Musik oder schaut in die Ferne gen Berge wie ich. Da sie derzeit fünf Reisende beherbergt, die aber gerade Saisonarbeit erledigen (Kirschen pflücken), ist kein Zimmer frei dafür aber die große Garage auf meinen Wunsch. Super! Frische Luft, Windgeschützt, Himmel zu sehen trotz festem Dach, toll! Vier Hühner sind meine Nachbarn.

Jeden Tag kontaktiere ich den Fahrradladen nach dem Stand, jedoch auch am vierten Tag leider kein Paket da. Am darauf kommenden Wochenende bin ich im Kopf komplett entfernt vom "Warten" und genieße die Umgebung mit Spazieren gehen, Bericht schreiben, Musik hören, Brotbacken, neue Camping-Kochrezepte ausprobieren oder einfach nur von der Terrasse aus die Umgebung beobachten bei einer Tasse Tee/Kaffee. Sooooo schön! An einem Tag fahre ich mit Inge mit auf eine ihrer Wein-Auslieferungen. Am Weg zurück macht sie einen Umweg abseits der asphaltierten Straße. Mit ihrem großen Jeep kommen wir an Plätze wo andere normale Autos längst stecken geblieben wären. Unfassbar schöne wilde Gegend mit extrem schlechter Fahrbahn. Das macht es aus! Je länger ich in dieser Umgebung verweile, umso mehr gefällt es mir hier. Nirgends sonst auf der Insel, hatte ich so viele Möglichkeiten fürs Biken gesehen wie hier. Gedanklich überlege ich wie toll es wäre mit meinem MTB und kleinem Rucksack die "Trails" rauf und runter zu fahren oder einfach den Wegen zu folgen wo auch immer man rauskommt. Sehr eindrucksvoll!

Am kommenden Tag, fahre ich mit Shui dennoch mal in die Stadt hinein um etwas einzukaufen und fahre so gleich mal zum Fahrradladen. YES!! Nabe ist angekommen. Euphorisch übergebe ich dem Mechaniker Shui und informiere ihn wie sehr glücklich ich bin Den Einkauf erledige ich zu Fuß und trampe raus aus der Stadt mit einer Dame. Sehr freundlich. Sie bietet mir sogar an mich den kompletten Weg hinauf zur Inge zu fahren. Dankeschön! „Zuhause“ backe ich mir für die nächsten Tage zwei Roggenbrote, plane meine Route und wasche meine Kleidung. Später, bekommt Shui Fett für den Sattel, Öl auf die Kette und sonst alles Bewegliche schmiere ich leicht ein. Startklar!
Ausgerechnet die kommenden Tage sagt der Wetterbericht Verschlechterung an. Massive Verschlechterung! Ich warte jetzt nicht mehr länger und fahre los. Wolken sind dunkel, Wind hält sich in Grenzen. Paar gefahrene Kilometer später kommt bei mir Sonne heraus, wo weiter drüben die fast schwarzen Wolken hängen. Schöner Kontrast, in dem ich so erstmal weiterfahre bis es schließlich komplett aufreißt und es hochsommerlich wird. Wie aus dem Nichts werde ich von einem Biker überholt. Es ist „Nathan“!! Ha ha. Und wieder getroffen ohne Organisation. So gefällt mir das. Wir hatten uns nur Tage davor per Nachrichten ausgetauscht über den Stand der Dinge. Ha ha ha.
Somit bestaunten wir zusammen, die ultraschöne Landschaft Otago´s am „Central Rail Trail“. Ein 152 km langer Radweg auf Schotter der aber sehr einfach zu befahren ist. Dennoch ein echter Hingucker! Am späten Nachmittag campieren wir an einem Fluss etwas abseits vom Radweg und erzählen uns wieder mal alles Geschehene. Hier trennten sich jedoch wieder unsere Wege. Ich wollte in die Stadt „Dunedin“ und Nathan nur noch nördlich. Wir ahnten schon innerlich, dass das wohl unsere letzte Begegnung sein würde hier auf der Insel. Wir verabschiedeten uns mit den Worten „Wir sehen uns dann in Ehrwald.“ Ehrwald, ein kleiner Ort an der Grenze Deutschland-Österreich, von wo wir die meisten Transalps guiden.

Das Wetter schlug schon bald um. Wolken von grau bis schwarz kamen auf. Vorerst blieb es trocken und „harmlos“ dafür verlangte die Topographie der Strecke das höchste Maß an Kraft und Ausdauer. Sehr steile Hügel hinauf und hinab. Sogenannt auch die „rolling Hills“. Und dann urplötzlich: Der Wind!! Der Regen!! DIE KÄLTE!! 4,9 Grad!!! Meine Finger waren längst klamm und kaum mehr spürbar, dennoch funktionierten sie.
„Oh maaaan, was für ein schöner Sommer hier!“ dachte nicht nur ich mir sondern auch die Dame hinter den Tresen, die mir alle Wasserflaschen auffüllt eher ich mich nach einem Windgeschützten Platz umsehe wo ich mein Zelt aufbauen könnte. Definitiv kein guter Ort und Zeit zum Radfahren! Mich fegte es fast von der Straße, so stark waren die Böen. Während sich die Welt in „Untergangs-Stimmung“ zeigte, fragte ich an einem Haus an ob ich mein Zelt im offensichtlich leeren Unterstellplatz aufstellen dürfe. Die Dame antwortet lediglich nur, dass sie gerade beschäftigt sei und geht… phuu, ich kämpfe mich demnach paar Kilometer weiter durch das Wetter und biege in ein Schul-Anwesen ein. Dort klopfe ich beim Hausmeister am Fenster und eher ich etwas fragen kann, zeigt er mir ein „Okay“ mit der Hand und kommt hinaus. Er weiß genau was ich möchte, denn zig anderer Radfahrer hatten bereits in den letzten Jahren den gleichen Gedanken gehabt. Ha ha ha. Wir beide trotzen der Witterung mit einem Lächeln in unseren Gesichtern als würde die Sonne scheinen.
Ohne sich weiter ausgetauscht zu haben, zeigt er mir ein kleines aber feines Fleckchen am Grundstück wo ich vom Wind und fast auch vom Regen geschützt war. SUPER! Dort verbrachte ich meine Nacht im kuschelig warmen Schlafsack und jeder Menge warmer guttuender Getränke und Gerichte. Bereits recht früh schlief ich ein und hatte einen guten Schlaf. Morgens sah ich aus meinem Zelt an den Bäumen weiter entfernt, dass der Wind nach wie vor wehen würde nur paar Nummern stärker! „Na Servus!“ Ich hatte noch ca. 60 km bis nach „Dunedin“, wo ich dann beim Gastgeber „Aiden“ aus Südkorea eingeladen war. Der Weg dahin aber war noch seeeeehr lange.

Ich packte alles ein, Zelt war gar nicht mal soo nass, perfekt und ready für den Start. Ich verlasse das Grundstück der Schule und BAAAM! Der Wind! Sofort in 45° Schräglage gedrängt worden. Das Gefährlich an dem Ganzen Unterfangen sind die Windböen. Man ringt der Kraft des Windes entgegen und plötzlich ist da ein Luftloch, in das man hineinzufallen glaubt/spürt. Echt Aufpassen muss man damit. Höchste Konzentration. Erst recht, wenn sich andere Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn befinden und man schlagartig paar Zentimeter weiter drüben auf der Seite ist. Phuuu! Dennoch, es gefiel mir sehr. Noch war mir warm, noch war ich trocken. Die restlichen Mega-Hügel schaffte ich auch noch und als der letzte erklommen zu sein schien, erfreute ich mich richtig am Nachlassen des Windes und etwas mehr als 5 Grad am Tacho.

Im trockenem Gefilde ging es gen „Dunedin“ erstmal weiter, ehe es wieder zu Schütten anfing. Zu Schütten!!! Mit der Zeit war ich komplett Nass und richtig eingeweicht. Ungutes Gefühl, jedoch litt meine Stimmung nicht daran. Ich war guter Laune und wusste auch bald, wo ich hinmusste. Bei „Aiden“ gab es erstmal warme Dusche, Heizung und Tee. So mag ich das irgendwie ganz besonders. Aus dem nassen ungemütlichen ins warme. He he..
In die Stadt kam ich wegen der intakten Architektur Neuseelands. In Christchurch war bei den Erdbeben einiges eingestürzt. Auch sonst, genoss ich mal wieder bisschen „Stadtleben“. Erst recht als am kommenden Tag die Sonne wieder schien und es frühlingshaft wurde. Mit Aiden tauschte ich mich über alles Mögliche aus. Größtes Thema war aber das Radfahren an sich. Ach und das koreanisches Essen

Bei gleicher Meldung des Wetterberichts, Schlechtwetter mit viel Regen, bot Aiden mir an, diese zwei Tage auszuwarten. Ich nahm sein Angebot an und nutzte die Zeit weiter an meinem Bericht zu schreiben, meine Website zu aktualisieren oder Buch zu lesen. Am Tag der Abreise nahm ich mir spontan als erstes Ziel eine kleine Herausforderung vor. Die „Baldwin Street“ in Dunedin ist laut Guinness-Buch der Rekorde die steilste Straße der Welt. Die maximale Steigung der knapp 350 Meter langen Straße beträgt 1:2,86 (19,3° oder ca. 35 %). Als ich dort ankam, war sie „übersät“ mit chinesischen Touristen. Ohne viel Nachdenken fuhr ich einfach drauf los. Anfangs war ich überrascht wie gut es doch ging…doch nach der Hälfte wurde es knackig! Meine chinesischen Freunde machten Fotos und Videos und bejubelten mich. HA HA HA HA.. Es bewirkte etwas! Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter BIS HINAUF HINAUF! YEEEAAAAH! I did it! Oben war mir schon bisschen schwindelig, muss ich zugeben aber ansonsten…
Bergab war es dafür spannend mit dem Bremsen und „Bremsweg berechnen“ eher ich jemanden Aufgefahren wäre. Mit all dem Gepäck und davor war ich auch noch Einkaufen für die nächsten drei Tage. Pffff…
Meine Beine waren definitiv kapillarisiert. Durch schöne Küstenlandschaft ging es Richtung Norden weiter. Mein zweites Ziel war es näher zum „Danseys Pass“ zu kommen. In „Palmerston“ bog ich links ab und folgte einem ruhigen Highway. Vor dem Pass campierte ich zwischen Heuballen. Kurz vor Erreichen der Abzweigung direkt zum Pass steht schon wieder so ein Schild mit „Road closed“. Meine Mimik fällt bisschen herab, dennoch fahre ich weiter. Nach neun Kilometern das letzte Haus bzw. Hotel vor dem Pass. Ich frage nach dem Stand. Die Dame erzählt, es sei bei dem starken Regen vor paar Tagen ein Erdrutsch abgegangen und paar Brücken eingebrochen. Auch hatte sie die Anweisung bekommen, jedem die Weiterreise abzuraten. Sie habe leider keine weiteren Details über den Erdrutsch…

Ich bedankte mich, füllte meine Wasserflaschen auf und fuhr los. Richtung Pass. Ich überkletterte die Absperrung samt Shui. Schön am Schotter gings hinauf und hinauf. Wetter war top! Es kam und kam nichts. Erst gaaanz oben war da was von Weiten zu erkennen. Als ich zu der Stelle kam und es „inspizieren“ wollte wie ich am besten rüberkommen könnte, das definitiv zu machen sein schien, sank ich knietief in den Schlamm ein. Phuuu! „Gut, dann hier eben nicht!“ Eine andere Spur schien stabiler. Zusammen mit Shui gings Stück für Stück voran. Fast hätte ich meine Sandale 50cm im Schlamm verloren. Beim letzten Teil ging es nicht anders als dass ich die Vorderradtaschen abmontiere und zuerst rübertrage. So, Beine in der Pfütze abgewaschen und den Antrieb sowie Bremsen von Shui gereinigt rollte ich weiter. Sehr schöne Aussichten folgten! Auch die eingestürzten Brücken, die aber für eine willkommene Dusche im Bach sorgten, da die Temperaturen wieder enorm anstiegen.

Paar Kilometer weiter und Höhenmeter tiefer kam ich am „Alps 2 Ocean Trail“ heraus. Dem folgte ich jetzt stets leicht „bergauf“. Da Anfangs alles nur Farmland war und somit schwer zu Campen… fragte ich bei einem Bauern (Andrew) an ob ich auf seinem Grundstück nächtigten dürfte, da meinte er, ich solle zu dem Haus hinfahren, er komme gleich dahin.
Am Haus übergab er mir den Hausschlüssel mit der Info, er hat das Grundstück mit dem Haus vor einem Monat gekauft und sei noch nicht dazu gekommen es einzurichten oder zu bewohnen. Ich solle mich wie zuhause fühlen nur ohne Warmwasser. BOOAAH!

Dann war er auch schon wieder weg und ich allein in dem riesigen Haus mit Induktionsherd (und ich mit Alu-Topf) mit herrlich großem, reich bewohnten Garten. „Das gibt’s doch nicht!“ wiederholte ich viele Male mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Ich schlief am Teppichboden mit Aussicht ins Grüne. Soo scheen! Ab dem Morgen folgte ich weiter dem Radweg der mal am Highway mal am Radweg ging. Ich hatte vor zur „Mount Cook Village“ zu fahren. Aber mal wieder das unbeständige Wetter…war bereits von weiten zu erkennen, dass es dort gerade seeeehr ungemütlich ist. Ich unterhielt mich mit entgegenkommenden Reisenden und diese berichteten mir eben dies, was man von weiten sehen kann. Somit stellte ich mein Zelt bereits früh am Nachmittag direkt am Ufer der „Pukaki-See´s“ auf und bewunderte die Zauberhafte Natur mit den unglaublichen Farben!

Bereits vor Ort fand ich keine passenden Worte um diese Schönheit zu beschreiben. Muss man den alles beschreiben? Ist es nicht einfach wie es ist? Muss eine Blume immer einen Namen und darf sie nicht einfach eine schöne Blume sein? Für mich jedenfalls war es einer der Schönsten Ausblicke aus dem Zelt, den ich je auf Reisen gehabt habe. Baden, Schauen, Essen, Trinken, Staunen, Bewundern, Zuhören, da sein. Ich war so überwältigt und ja, sprachlos von der Natur, dass ich beschloss den nächsten Tag auch nicht weiter zu fahren als bis zum anderen Ufer. Von dort hatte ich einen ganz anderen Ausblick auf See und Berge. Der höchste Berg Neuseelands zeigte sich dann am Nachmittag. Leute…!!! Wie auf Postern! Moment..nicht die Poster sind real sonders das JETZT. Es war viiiiel schöner wie auf Postern, lebendig. Ständig anders durch den Tanz der Wolken. Die Vogelstimmen, das Rauschen der Wellen (starker Wind) am See. Ein Wunderwerk der Natur bzw. welch ein Geschenk!
Eher ich weiter nur von einem Ausblick schwärme berichte ich weiter…
Also nach der zweiten Nacht am „Magic-Pukaki See“ kam ich nur schleppend voran Richtung „Lake Tekapo“. Die Fernblicke auf die Mt.Cook Gebirgskette, den „Pukaki See“, die goldenen Felder… phuuu ganz schön anstrengend so ein Bewundern.
Jedenfalls kam ich dann doch irgendwann in der Ortschaft „Lake Tekapo“ an. Namensgleich mit dem See. Wieder so ein scheens Wasser. Diesen erkundete ich aber nicht so ausgiebig und fuhr schon bald weiter nach „Fairlie“ (no.8) und Geraldine (no.79). Interessant, was nur 80 Km und 300 Hm Unterschied ausmachten. Denn, eben diese Distanzen sorgten für ein plötzlich anderes Klima. Stark grün bewachsen, viel Wasser und gleich mal knapp 30 Grad. Besonders schön aber fand ich die Geräusche aus den Bäumen. Ich vermute mal die „Singzikaden“ spielten da die Musik. Ich kannte diese bereits aus Asien und dem südlichen Europa. Herrlich, ich erinnerte mich an schöne Erlebnisse sprich einfach positive Zeit. Im Moment wirkte es sehr nahe zum „Gewohnten“.

Meine Tage in Neuseeland zählten sich schön langsam, ich fuhr jeden Tag auch nicht mehr so weit wie sonst, sondern suchte mir bereits früh am Nachmittag einen schönen Platz zum Nächtigen. Jeden Tag hatte ich einen Bach, Fluss oder See ums Eck. Perfekt zum Baden, ausgiebig Kochen und auch mal mehr als nur einen Tee/Kaffee zu trinken. Entlang des Highway no. 72 querte ich nach einer Weile die „Rakaia“-Schlucht und bog links ab zum „Lake Coleridge“. Kurz davor baute ich mein Zelt inmitten eines verwachsenen Weges auf und genoss die Umgebung mit Vogelgesang und Düften der Pflanzen. Früh morgens werde ich von einem Hupen geweckt. Noch verträumt registriere ich es nicht als „Realität“. Ha ha.. dann schau ich aber doch mal raus und es steht ein gigantisch großer Traktor mit Doppelbereifung und einem riesigen Anhänger kurz vor meinem Zelt. Ha ha ha.. ich fing sofort an den Fahrer an zu lächeln, wenn nicht an zu lachen. Ich zeigte ihm nur per Handzeichen „einen Moment“, verschob mein Zuhause in das hohe Gras nebenan und er passierte mit einem Grinser im Gesicht und einem „Okay“-Handzeichen. Ich legte mich noch für ein bisschen hin.

An dem Tag, mein vorletzter Rad tag, wehte der Wind von westlicher Seite mit enormer Kraft. Da ich zum „Lyndon Lake“ auch die gleichnamige windige „Lyndon Road“ nahm, verwinkelte sich der Wind immer wieder und blies wie aus dem Nichts mit explosionsartiger Kraft. Kein leichtes Unterfangen, doch zum Glück nur sehr sehr wenig Verkehr auf der abgelegenen Schotterstraße. Am Ende der „Straße“ kam ich an den West-Coast Highway no.73 raus. Mittag wollte ich hier machen. Avocado, Tomate, Kräuter, Salz, Brot und Kokosöl, perfekt! Doch der Wind… wirbelte Sand in die Luft, so das mein Gemüse bald mit Sand paniert war. Gegessen wurde trotzdem alles (es gibt ja schließlich auch Heilerde, pfff ).
Bei „Springfield“ schlug ich mein Zelt für das letzte Mal in Neuseeland auf. Von hier würden es noch ca. 60 Km nach Christchurch sein. Am nächsten (verregneten) Tag kam ich gegen Mittag bei meinen Gastgebern Alice und Jeremy an. Sie ist Diätologin und er Bäcker in seiner Bäckerei. Selbstverständlich finden wir schon bald ein Thema: Brotbacken. Ich verbringe bei ihnen meine restliche Zeit bis zum Abflug mit einer Schachtel für Shui besorgen, Shui, Zelt und Taschen zu reinigen (wird ggf. am Flughafen in Australien kontrolliert) und sonst die Zeit zu reflektieren oder gutes aus der Bäckerei zu genießen.

Die Suche nach einer Schachtel für Shui entpuppte sich jedoch schwieriger als gedacht. Sechs verschiedene Fahrradläden in der Umgebung hatte ich angefragt und keiner hatte derzeit eine leer. Da sollte es wohl so kommen wie es kam. Und zwar, als ich Jeremy und seine 3 Kilometer entfernte Bäckerei besuchte, erzählte er mir auch vom ganzen Areal, welches vor paar Jahren aus recycelten Ziegelsteinen aufgebaut wurde. Unter anderem ein Fahrradladen der sich auf Elektrofahrräder spezialisiert hat. Anschließend also, ging ich zu den netten Herren hinüber und fragte nach einer Schachtel. Voller Humor beglückwünschte er mich zu meinem neuen Besitz, ha ha ha. So in etwa waren es auch seine Worte. Wir unterhielten uns über das Radfahren in Neuseeland und über die supertollen angelegten Radwege. Als ich dann um ein Messer bat um die Schachtel erstmal kleiner zu machen um es transportieren zu können, bekomme ich als Antwort wo ich den hier wohne. Ich sagte derzeit bei Jeremy und er, dass er in diese Richtung mit seinem Lieferwagen fahren würde und es für ihn eine Freude wäre mir die Schachtel zu LIEFERN!! WOW! Ich bedanke mich herzlichst und wir sehen uns dann später kurz bei Jeremy am Zaun bei der Übergabe der Schachtel. J

Die Zeit dazwischen radelte ich durch die Stadt und schaute mich um. Nach dem Erdbeben ist sehr viel am Bauen, Umbauen, Abreißen. Irgendwie eine traurige Stimmung.

Gerade schreibe ich diese letzten Zeilen des Berichts liegend in der Hängematte im Garten. Auch hier bereichern die „Singzikaden“ das Ambiente. Morgen geht es nach Perth (Australien). Dort habe ich mir einen seeehr langen Trail ausgesucht. „Munda biddi Trail“ und seine 1050 Kilometer durch Busch und Wald (im Hochsommer) von Perth nach Albany. Ich freue mich sehr darauf NUR in der Natur unterwegs zu sein, meist einem Single-Track folgend.

Ein schönes und treffendes Zitat passt wie angegossen für meine Zeit hier sowie den vielen unterschiedlichen GastgeberInnen und sonst in irgendeiner weiße helfenden Menschen. Merci!

»Eine Reise misst man besser in dazu gewonnen Freunden als in Meilen.« Tim Cahill

 

Stand:
5.125 Km
281:29 h
53.395 Hm

Herzlichst,

Piotr

Ein paar Tipps möchte ich denen mitgeben, die vorhaben nach Neuseeland zu reisen. Speziell mit dem Rad:

Internet: echten kostenlosen Zugang gibt es in den Büchereien (manchmal sogar mit Steckdosen-Angebot), alle möglichen Fastfood-Ketten (jedoch nicht immer und überall), bei den „Kiwi“ und „ANZ“-Banken (nicht alle), im Supermarkt „New World“.

Nahrung: Trockenfrüchte bekommt man in allen großen Supermärkten. Meine Empfehlung aber sind die Läden wie „Bin Inn“ (schaut auf der deren Website nach Standorten) oder andere Namens „Soulfood“, „Wholefood-Store“. Dort bekommt man allerlei an trockenen Bohnen, Linsen, Reis, Datteln, Feigen, Gewürze, Kräuter, frische Erdnussbutter, etc… und das Beste, in Mengen die man individuell braucht.

Nützliches: Die App "Official Camping NZ APP“. Mit der hat man nicht nur eine sehr detailreiche Karte zum Offline speichern sondern auch alle (auch die kostenlosen) Campingplätze beider Inseln am Display. Zusätzlich Tankstellen, Supermärke usw. Echt praktisch und zu empfehlen!

Fahrradläden sind sehr stark verbreitet. Fahrradschläuche am besten mit Autoventil nutzen, so kann man immer wieder einfach an der Tankstelle nachpumpen, wenn man eine lange Schotterpiste hinter sich hat.
Sollte man ahnen, dass eigene Fahrradteile bald auszutauschen sind, diese online auf „wiggle“ bestellen oder in Deutschland und an ein Postamt (Counter Delivery) schicken lassen (aus D ca. zwei Wochen Lieferdauer). Bis ca. 100 Euro sogar ohne Verzollung. Radteile sind hier sehr teuer, bei einer Bestellung von mehreren Teilen rentiert sich da der Versand (ca.15 Euro).

>>oben

Fotos


Australien - Südwest

Knapp sieben Stunden Flug stehen bevor. Ich bestaune noch ein letztes Mal die Südinsel Neuseelands. Diesmal von weit oben aus der Vogelperspektive. Ruckzuck ist der Flieger von der Ostküste an die Westküste angelangt. Besonders ins Auge fällt mir der „Pukaki See“ auf, mit seiner extrem türkisenen Farbe. Dort verbrachte ich eine sehr –sehr- schöne Zeit in den letzten Tagen meiner Neuseeland Tour.
Paar Stunden später komme ich in Perth an. Gepäck unversehrt erhalten, montiere ich Shui wieder zusammen und genieße noch die letzten Sonnenstrahlen. Am Radweg geht es Richtung City und zu meiner Gastgeberin „Fiona“. Ungefähr elf Kilometer folge ich dem ausgeschilderten Weg. Sie wohnt fast direkt an dem Radweg.
Mit einem großen Lächeln und „Welcome to Australia“ werde ich in ihrer Einfahrt begrüßt. Die ersten Momente in dem neuen Land verlaufen wie man es sich nur wünschen könnte. Wegen der Zeitverschiebung bin „ich“ bereits paar Stunden im Voraus und eigentlich schon im Schlaf, das spüre ich auch. Ein Australisches Bier und schöne Gespräche eher ich mich niederlege. Echt schön hier zu sein, denke ich mir…

Am nächsten Tag erkunde ich Perth mit Shui. Ich fahr einfach dem „Swan“-Fluss entlang Richtung Stadtmitte und bekomme so einiges Neues zu sehen. Flora und Fauna, organisierte Gärten, das Leben an sich und eine neue Großstadt für mich. Eigentlich sollte hier jetzt der Hochsommer das Klima beherrschen, jedoch wie auch schon in Neuseeland, ist es überraschend kühl. Die Einwohner sprechen von zehn Grad weniger im Durchschnitt als gewöhnlich. Sprich, nicht 40 Grad sondern „nur“ 30. Auch mehr Regen als sonst.
Ich cruise umher, bleibe des Öfteren Stehen und Schaue mich um. Es gefällt mir. Es ist Sonntag, kaum Verkehr. Die Großstadt wirkt als wäre sie ausgestorben. Ich bekomme die Info, dass Perth nur von Montag bis Freitag belebt ist. Am Wochenende ist sie leer, denn da fahren die „ArbeiterInnen“ nach Hause.
Perfekt zum Radfahren in der Stadt. Auch die Temperatur. Im „Kings Park“ verbringe ich eine Weile mit umherschauen und relaxen. Anschließend fahre ich zu einem besonderen Laden (Kakulas Brothers) mit Nahrungsmitteln. Dort bedient man sich aus Säcken oder Eimern. Verpackungen sind Plastiksäcke, die in verschiedenen Größen aushängen oder man bringt seine Eigene mit. Ich befülle meine Radtasche mit verschiedenster Trockennahrung für knapp zwei Wochen, wie ich mir ausgerechnet habe.

Ich möchte den „Munda Biddi Trail“ befahren. Mit seiner Distanz von ca. 1050 Km ist er der längste zusammenhängende (- ausgeschilderte) Offroad-Weg auf der Welt. So die Werbung in einem Magazin. Von Mundaring nach Albany durch Busch und Wald.

Paar meiner Sachen lasse ich bei Fiona zurück und bepacke Shui nur mit der notwendigsten Ausrüstung. Ich bekam die Info, dass es zwar unterwegs auch Supermärkte geben würde, jedoch nur mit spärlichem Angebot. Vor allem die auf der ersten Hälfte des Trails. Deswegen war es für mich wichtig, sich mit der Trockennahrung auszustatten, die mich ordentlich mit Kräften unterstützen würde. Bohnen, Linsen, Erbsen, Reis, Roggenflocken und allerlei Trockenfrüchte und Gewürze dominierten meine beiden Vorderradtaschen.

So ging es bereits am nächsten Morgen los. Erstmal von Perth nach Mundaring. Dort kaufe ich frische Ware wie Zwiebeln, Tomaten, Gurke, Paprika, Äpfel, Bananen und eine Mango für die kommenden drei Tage. Ausgerechnet an diesem Tag zeigt sich der Sommer in seiner originalen Form und schießt die Temperatur auf 42 Grad. Na Servus! Im Wald und mit Fahrtwind ists aber gut auszuhalten, nur Stehenbleiben ist so ne hitzige Sache.

Von Mundaring bis zum ersten „Camping Platz“ sind es ca. 40 Km. Der erste Teil ist super zum Befahren und ich komme gut vorwärts. Im zweiten Teil wird’s stellenweise ordentlich krass. Ich komme an meine Grenzen und muss Absteigen, Durchschnaufen, Schieben, Rasten, Schieben. Das Gelände und auch die Fahrspur variieren oft. Mal flach mal extrem steil. Mal breit mal sehr eng und oder mit tiefen Wasserrinnen, an denen ich mit meinen Gepäcktaschen stecken bleibe. Mit Schieben jedoch alles machbar. Nicht zu vergessen die Hitze! Uuuuuuund die Spinnennetze!

Am Nachmittag komme ich ziemlich erschöpft am Lager an (angelegte kostenlose Camping Plätze mit großzügiger Hütte, Toilette und jeweils zwei Regenwasser-Zisternen. Diese sind meist so stationiert, dass man Tagesetappen von 35 bis 90 Km fahren kann). Ich stelle fest, dass mir irgendwo am Trail gleich zwei Speichen gebrochen sind. Zum Glück hab ich alles mit und kann diese recht flott ersetzen.

Drei andere Radfahrer aus Perth-Umgebung verweilen hier auch die Nacht. Sie aber unternehmen eine zweitägige Radtour. Zu viert verbringen wir also den Abend mit Gesprächen, Tisch-Hand-Becher-Klatsch-Musik und leckerem Camping-Essen. Morgens nach dem Frühstück geht es weiter entlang des markierten Weges zum nächsten Camping Spot, der bereits nach weniger als 40 Km zu erreichen ist.

Die Fahrweg-Konditionen unterscheiden sich so stark und oft, dass man nicht sagen kann welche Etappe schwierig ist und welche einfach. Zwar erscheint in den speziellen Karten (hab ich mir von Fiona ausgeliehen) eine Art Einstufung zwischen „Easy, Middle, Difficult/Challenging“, diese jedoch belaufen sich auf die Info der Steigung, nicht des Untergrunds.
So gibt es unter anderem tiefen Sand, „Peagravel“-australischer Schotter welcher wie kleine Kügelchen aussieht (und sich auch so anfühlt), belegt mit rutschigen Blättern, Spurrillen, Waschbrettern, voll mit kleinen fiesen Ästen, uvm..

Am dritten Tag, meinem Geburtstag, fing der Trail dann so richtig an. Ganz viel Leben im Busch und Wald. Kängerus, Wallabies, Emus, zig bunter Vögel und Spinnen in Groß und Klein. Sehr lebendig wars ab dem Tag. Eine sehr schöne Geburtstagsfeier hatte ich (und nicht alleine).

Jeder Tag bis nach Albany war sehr unterschiedlich obwohl es täglich durch ähnliches Gefilde ging. Die Gerüche der Bäume, meistens Eukalyptus, waren so intensiv, dass ich glaubte durch einen riesigen Medizinschrank zu fahren. Die Vogelgesänge verzauberten die Umgebung in einen Konzertsaal. Nur die Spinnenweben, durch die ich sehr oft durchgefahren bin, waren eher unangenehm. Manche waren so stark, dass ich sie „reißen“ hörte und spürte. Vor zwei riiiiießigen Netzen blieb ich gerade noch stehen. Unübersehbar war das Netz und in der Mitte die große Rot-Graue Spinne. Mit mulmigen Gefühl und einem Ast machte ich den Weg wieder „passierbar“.

Ganz unüblich für diese Jahreszeit, gab es plötzlich einen Wetterumschwung. Die hohen Temperaturen gingen herunter auf nur mehr 11 bis 15 Grad. Begleitet von starkem Regen. Einen halben Tag fuhr ich somit ziemlich durchnässt durch das Gebüsch eher ich in einem kleinen Städtchen namens „Dwellingup“ ankam. Dort informierte ich mich nach dem Wetter für die nächsten Tage. Leider keine Besserung in Sicht. So schmiede ich den Plan, anschließend zu der knapp 30 Km entfernten Hütte zu fahren und dort einen Tag zu rasten. Im trockenen und gemütlichen wartet es sich angenehmer.
In dem öffentlichen (und kostenlosen) Camping Spot am Munda Biddi Trail, nutze ich die Zeit besonders um meine Ausrüstung zu reparieren und Shui ordentlich zu pflegen. Zusätzlich tat es gut Buch zu lesen, neue Camping-Rezepte auszuprobieren oder einfach dem Regen zu zuhören.

Mit dem Regen und Wind fielen eine enorme Menge an kleinen Ästen auf den Boden. Ab nächstem Morgen wurde die Fahrt also noch etwas anspruchsvoller. Meine größte Sorge dabei war das „Abbrechen“ meines Schaltwerks (sollte sich ein so kleines Ästchen im Antrieb verhängen). Stattdessen ist erstmal mein vorderes Schutzblech gebrochen und nicht lange später komplett abgerissen. An Tagen mit besonders viel Achtsamkeit war ich mehr Müde von der Konzentration als vom Radfahren selber.

In „Pemberton“ war für mich so ne Art Halbzeit. Für zwei Nächte gibt es „noch“ keine Hütten entlang des Trails und so muss man sich selber darum kümmern wo man nächtigt. Ich wählte den öffentlichen Swimmingpool in Pemberton und campierte dort nebenan. Mit drei Franzosen, die als Saisonal Arbeiter unterwegs sind und hier auch campierten, verbrachte ich den Abend mit sehr interessanten Gesprächen über dies und das. Am folgenden Tag passierte dann so einiges.

Ganz in der Früh stieg ich auf einen der höchsten Bäume West Australiens, den „Gloucester Tree“. Mit einer Höhe von 72 Meter ist er der welthöchste Baum zur Brandausschau. Wieder unten angelangt fällt mir meine Sonnenbrille (mit Sehhilfe) auf den Holzboden. Beim Aufheben merke ich, dass ein Bügel fehlt. Ooooh Nooo! – der liegt im Spalt! Mit Taschenlampe mache ich ihn ausfündig und probiere ihn herauszufischen.

Eine kleine Gruppe aus Taiwan möchte auch den Baum besteigen, sehen aber mich am Boden irgendetwas im Spalt zu suchen… und helfen mir sofort ohne ein Wort auszusprechen. HA HA HA HA (Das muss ausgesehen haben!)

Nur eine Person der Gruppe spricht Englisch, so kommunizieren wir weiter.  Meine wenigen Worte Mandarin erheitern die Stimmung aller Zuschauer. Mit einem kleinem „Lasso“ fische ich und ein älterer Herr also nach dem Bügel. Nach paar Minuten geschafft. Alle atmen auf und Klatschen. Ich stelle fest, der Bruch ist irreparabel. Dennoch klebe ich es provisorisch zusammen und setze sie fest in meinen Helm (später kontaktiere ich den Hersteller und Optiker wegen einem Bügel-Ersatz).
Wieder am Trail entlang, geht’s so richtig schön leicht gefällig links und rechts durch die Bäume. Ich hab so richtig Spaß. Bei einer Kurve: Geschwindigkeit zu hoch, rutschige Blätter und kleine Äste am Boden, Gewicht in den Vordertaschen… Batsch! Ich rutsche dahin und liege unterm Shui. Ich stehe auf und schau mich von oben bis unten an. Paar Kratzer, kein Blut, passt! Ich spüre aber Druck am Oberkörper. Also „Fein-Abtasten“ ob wo was mehr weh tut. Okay, eine Rippe. Ich checke konzentriert meinen „Gesundheitsstatus“: Puls, Schwindel?, Licht/Schatten- Empfinden, Passt. Dennoch, eine Rippe tut weh- Atmung aber okay. Ich fahre weiter.

Beim Fotografieren merke ich, dass ein Teil der Camera fehlt. Entweder beim Sturz oder sonst wo verloren… Schade, dennoch bleibt die Funktion ungestört. Mal wieder bleibt ein kleiner Ast zwischen Reifen und mittlerweile reparierten Schutzblech stecken – erneut bricht er und reißt schließlich wieder ab. Dann, dass was ich eigentlich nicht erleben wollte. Eine Schlange mitten am Weg. Ich bin viel zu schnell unterwegs, dass ich noch Bremsen könnte, bzw. ich habe sie so spät bemerkt, dass ich es nicht mehr „erbremst“ hätte. Im Reflex hebe ich die Beine und rolle drüber ohne mich umzuschauen. Ich war hellwach und geladen voller Hormone!

Nach paar Kilometern komme ich in „Northcliffe“ an, das Ende der Tagesetappe. Ich erfrage erstmal die Art der Schlange: „Tigersnake“ – unten gelb oben dunkelbraun/schwarz (=giftig). Verdammt! Glück gehabt!

Dann erkundige ich mich nach einem Arzt zu dem ich schauen möchte wegen meiner Rippe. Im Wartezimmer, frage ich mich was ich hier eigentlich mache. Schließlich geht es mir hervorragend, nur die Rippe schmerzt. Ich kenne auch die Diagnose. Ich checke nochmal meinen Puls, atme konzentriert tief ein und aus und verlasse somit die Praxis.
In Northcliffe gibt es paar schöne Picknick-Plätze mitten im „Karri“-Wald. So heißt die Baum Art, die bis zu 80 Meter hochwächst. Die frei verfügbaren Erholungsorte sind super organisiert, jedoch gibt es hin und wieder mal ein Verbot der Benutzung aufgrund von Busch-/Waldbrandgefahr. Regenwasserzisternen, Tische und Bänke, Dach, Toilette, Mülleimer und das allerbeste: ein Gasgrill mit nur einem Knopf zum Einschalten. Nach einer Zeit von ca. acht Minuten dreht sich das Gas ab. Man kann anschließend den Knopf wieder betätigen. Das finde ich echt toll!
Da ich diesen Platz bereits kurz vor Northcliffe gesehen habe, kaufte ich im Ort mal anderes frisches Gemüse ein als sonst. Kartoffeln, Auberginen und Zuchinis – perfekt am Grill. Ein Essens-Gedicht wird darauf gezaubert. Mhmmmm!
Am Morgen gibt es statt dem gewohnten Roggen-Müsli, Toast und Rühreier vom Grill. Leute!!!! Sooooo gut! Ich bin voll gestärkt und rolle los Richtung „Walpole“. In zwei Tagen möchte ich dort ankommen. Die Fahrt geht weiter durch dichtes Gebüsch, gigantische Bäume, zig Spinnennetzen, holprigen Wegen und knietiefen Pfützen.

Wie sonst täglich gibt es auch an diesem Tag eine Hürde zu bewältigen. Quer liegende Baumstämme. Entweder gibt es schon einen ausgetretenen Pfad herum oder der Baum liegt erst seit Kürze und so kämpfe ich mich durchs Gestrüpp um den Kolos. Im Monat Februar – der heißeste Monat – wird der Trail eigentlich zur Gänze gemieden. Nachlesen kann ich dies auch in den Log-Büchern der Hütten. Man kann die Besucher noch Jahre zurück nachlesen. Dort finde ich auch meine Gastgeberin „Inge“ aus Neuseeland wieder.
Im Schnitt fahren im Februar max. eine Person diesen Trail. Januar ist am Ausklingen und ab Mitte März wird’s wieder lebendiger. Das Eintragen in diese Bücher dient dem Zweck der Ortung bzw. Eingrenzung bei evtl. Personensuche. Reine Sicherheitsmaßnahme in diesem gigantischen und nicht ungefährlichen Gefilde.

In Walpole komme ich ziemlich erfreut an. Etliche Kilometer Sand-„Straße“ habe ich hinter mir. Oft ging nur schieben, dass nicht besonders einfach war, denn das Vorderrad versank ständig im Sand und bannte sich den eigenen Weg.

Hier genieße ich erstmal frisches Obst und zur Abwechslung eine Aussicht auf das Meer und zwei voluminöse Pelikane. In Florida vor paar Jahren war ich solchen bereits begegnet, allerdings bin ich diesmal aufs Neue verblüfft, dass sie SOOO groß sind. Edle Tiere!
Noch für paar Kilometer kann ich dem Weg entlang des Meeres fahren eher ich wieder Richtung Wald einbiege. Heute möchte ich nicht mehr so weit treten und entscheide mich für den „Monastery Jetty“- Picknick Platz am „Frankland River“.  Auf der Karte ist es eindeutig zu sehen, dass dieser von den Hügeln kommt und groß genug sei, nicht auszutrocknen. Ich plane also eine geringe Wassermitnahme aus der Stadt ein. Am Nachmittag erreiche ich den sehr schönen Platz und genieße ein erfrischendes Bad in der natürlichen Umgebung. Der Platz heißt deswegen „Monastery Jetty“, weil bei der Erkundung des Gebietes, die unglaubliche Stille aufgefallen ist – eben wie in einer „Monastery“ – Kloster zu Deutsch.
Beim Eintauchen in das kühle Nass merke ich tatsächlich, dass es ziemlich salzig schmeckt für einen Frischwasser Fluss. In der Tat: Der Fluss mündet im Meer und das Meer heute und wohl auch schon die letzten Tage wellig. Eine neue – weitere- Erfahrung mache ich somit. Zum Abendessen zubereiten ist das bisschen salzig schmeckende Wasser nicht störend, jedoch für meinen Tee ist es ungenießbar. Ich überlege ob das mitgebrachte Trinkwasser bis zur morgigen Hütte reichen würde und stimme mich recht zuversichtlich.

Es ist immer wieder eine große Freude nach einer Tagesetappe an so einer angelegten – perfekt organisierten – Hütte anzukommen. Ich fühle mich pudelwohl und genieße das Ambiente der Natur so richtig vollkommen. Mit den Tagen kam ich in die Gegend der Stadt „Denmark“. Wuuuunderschöne Küstenlandschaft mit türkisfarbigem Wasser. Schleppend komme ich voran, zu schön die Umgebung. Zusätzlich unterhalte ich mich ziemlich lange mit Radsportbegeisterten Einheimischen. Es tut gut, sich auch mal wieder im sozialen Gefilde zu bewegen.
In der Stadt, erledige ich den gewöhnlichen Ablauf - frisches Obst, Gemüse und Benzin für den Kocher Einkaufen. Trinkwasser auffüllen und sich mit dem Internet verbinden um Nachrichten auszutauschen. Danach geht’s auch schon weiter ins Dickicht - mit großen Augen, denn in Kürze wechseln gleich drei „Tigersnakes“ den Wegesrand. Oh maaannnn!

Ab „Denmark“ sind es nur mehr eineinhalb Radtage bis nach Albany und somit auch zu meinen Gastgebern „Beth und Denis“. Beide in Rente aber SEHR beschäftigt, wie sie sich selbst mit einem Grinser bezeichnen. Ich bleibe bei ihnen für drei Nächte eher es zurück nach Perth geht. In dieser Zeit erfahre ich vieles Neues, erkunde die Stadt und Umgebung zusammen mit Denis, schwimme im glasklarem Wasser und staune nicht schlecht über das Alltags-Programm der beiden (jeweils über 70 Jahre „alt“/erfahren). Sie, Beth, führt Yoga-Klassen, fährt dreimal in der Woche morgens Rennrad mit einer Gruppe, lernt Chello und Französisch und ist abends ehrenamtlich im Theater behilflich. Er, Denis, fährt jeden Tag (egal welches Wetter) mindestens seine 40 Km mit seinem High-End-Rennrad und hilft auch beim Theater. Beide stehen täglich vor 6 Uhr auf und leben ihr „Programm“. Als ich am ersten Abend vorschlage für sie das nächste Abendessen zu kochen, sagt Beth: „Welch eine wunderbare Idee aber warte mal, ich muss erstmal unseren Terminkalender checken.“ Sie holt ihr Tablet und checkt den gemeinsamen Online-Kalender in Windeseile. „Ja, passt, da haben wir noch nichts vor. Um wieviel Uhr? Ha ha.

Bei ihnen erlebe ich eine sehr nette Geste einer großen österreichischen Firma. Von Unterwegs hatte ich bei dem Hersteller meiner Brille und Optiker - Hartlauer, wo ich sie gekauft habe, angefragt, ob es möglich wäre, das gebrochene Stück via Post zuzusenden. Beide verfügen nicht über diesen Service aber „Hartlauer“ bot mir an, eine Ausnahme zu machen und mir helfen zu wollen. Ich möge eine Adresse zukommen lassen, bezahlen sollt ich die Bügel plus Versand, wenn ich mal wieder in Wien bin. Fürs erste denke ich mir, wow, nicht schlecht, super! Dennoch überlege ich und frage erstmal per Email zurück, mit welchen Kosten ich zu rechnen hätte.

Zwei Tage vergehen ohne Antwort und da ich nicht mehr lange in Australien sein werde und für später keine feste Adresse angeben kann, entscheide ich bei der Dame via „Skype“ anzurufen. So frage ich nach den Kosten, die mich erwarten würden. Auch sie ist überfragt und bittet mich kurz zu warten. Schließlich bekomme ich als Antwort (und ich fühle, dass sie lächelt), dass sie mir eine komplette Brille kostenfrei zuschicken werden, so wäre das am einfachsten. Ich bin sprachlos! Das lasse ich sie auch wissen und sie schmunzelt zurück mit den Worten: „Es freut uns, wenn wir sie glücklich machen können, einen schönen Tag noch!“. WOW! Ich bin überwältigt und voll happy!

Die entspannende Zeit bei Beth und Denis, vergeht recht zügig und ich sitze wieder auf Shui und fahre gen „Pemberton“. Sprich retour nach Perth mit Umwegen. In zwei Tagen erreiche ich den kleinen Orten und campiere wieder beim Swimmingpool. Diesmal im Gepäck wieder Gemüse, dass sich gut am Grill macht. Denn auch hier gibt es so raffinierte Gas-Grills. Von hier geht’s dann westlich nach „Margaret River“ und zu vielen bekannten Weinanbaugebieten. Ich habe es seit zwei Tagen mit Temperaturen über 40 Grad zu tun. Sorgfältig plane ich daher meinen Wasserhaushalt und nehme lieber mehr mit als ich tatsächlich brauche. Shui ist schwer aber rollt wunderbar dahin. Nur mehr auf Asphalt bin ich unterwegs. Kaum Verkehr und genauso viel Schatten – eben gar keiner. Als einzige Abkühlung dient der Fahrtwind und ein „kühler“-Kopf indem ich immer wieder Wasser über mich gieße.

In „Yallingup“ genieße ich vorerst den letzten Kontakt zum Meer, denn ab hier geht es über „Busselton“, „Boyanub“, „Harvey“ und „Pinjarra“ dem einfachen Highway entlang. Hin und wieder gibt es aber auch Radwege die nebenherlaufen.

Für das allerletzte Stück, plane ich zwei Nächte in einer der „Munda Biddi Trail“-Hütten zu verbringen und in vollkommener Abgeschiedenheit so meinen Bericht zu schreiben und meine kurze aber äußerst lehrreiche West-Australien Tour zu reflektieren. Leider ist die Hütte komplett besetzt. Bienen haben sich einquartiert! Lautstark schwirren sie umher. Zusätzlich und da verstehe ich die Kombination nicht, unzählige Fliegen UND Moskitos. Definitiv bleib ich hier morgen nicht.

Trotz der Bienen gelingt es mir - ohne belästigt zu werden - aus den Regenwasser-Zisternen Wasser abzufüllen und mein Lager nebenan, wo weniger „los“ ist, aufzubauen. Früh morgens bin ich startbereit und verlasse den stark belebten Platz. Neuer Plan: in der nächsten Ortschaft kontaktiere ich „Fiona“, meine Gastgeberin in Perth und frage ob es Okay ist, wenn ich einen Tag früher komme. „Of course, here is enough space!“ – „Selbstverständlich, hier ist genug Platz!“ sagt sie nur dazu. Somit nehme ich Fahrt auf Richtung City. Entlang verschiedenster Radwege erreiche ich ihr Haus am Nachmittag und fühle mich wie „Zuhause“ angekommen zu sein.

Sie ist recht neugierig über meine Erlebnisse der letzten drei Wochen und ich bin erfreut, Erzählen zu dürfen. Bei gutem Essen, Wein und „Singzikaden-Konzert“ klingen wir den Abend in ihrem Garten aus. In den letzten Tagen vor Abreise, erkunde ich zusammen mit ihr noch die reizende Küstenstadt „Fremantle“, bade im Meer, lese mich ein über das nächste Reiseziel und organisiere mein Gepäck.
Wie die Zeit vergeht… Am letzten Abend genießen wir gutes Bier, dass ihr Freund selbst braut, packen mein Zeugs zusammen und schnallen alles an Shui fest. Ich lege mich bereits früh am Abend schlafen, denn um 2 Uhr Früh geht’s bereits zum Flughafen. Welch eine schöne nächtliche Fahrt. Temperatur von 21 Grad, kaum Verkehr und alles gut beleuchtet. Ich genieße es und bin glücklich – es geht nach T A I W A N!!
Am Flughafen richte ich erstmal mein Box noch aus Neuseeland auf, demontiere Shui und verpacke ihn und das restliche Gepäck. Auf geht’s, nach Asien! Endlich wieder mal Asien und eeeendlich Taiwan! Bereits 2007 war ich knapp davor, die Insel zu entdecken, jedoch entschied ich mich für China, später für die USA und noch später hatte ich versucht, die Insel irgendwie in andere Trips einzubauen, doch dann war die Zeit knapp. Jetzt, wo ich in der „Nähe“ bin, wollte ich es nicht noch länger hinausschieben. So here I go…

Wie schreibt es „Paulo Coelho“ so treffend:
»Eines Tages wirst du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die Dinge, die du immer tun wolltest. Tu sie jetzt.«

Stand:
7.106 Km
391:36 h
71.820 Hm

Herzlichst,

Piotr

>>oben

Fotos

 

Taiwan

Meine Reise geht weiter. Von Perth über Kuala Lumpur nach Taipei, insgesamt einen ganzen Tag unterwegs aber doch nur sitzend. Fünf Stunden hatte ich Aufenthalt in der Hauptstadt von Malaysien. Diese nutzte ich, um in die Stadt zu fahren und ein wenig die Beine zu vertreten. Etliche Male war ich in dieser Stadt bereits. So war es schön die Erinnerungen nochmal zu leben. Schließlich, nach insgesamt elf Stunden nur im Flieger sitzen, kam ich spät Nachts in Taipei an. Eeeendlich, war ich da. Ganz besonders habe ich mich auf die Insel gefreut: Berge, gutes Essen und meine Freundin war hierher angereist um gemeinsam die Insel zu erkunden. Für sie ein Neues Unterfangen, mit dem Rad auf Reise zu gehen. Was für mich Routine ist, ist für sie alles Neu.
Bereits vor Wochen hatte sie -dank einer Freundin hier in Taiwan- ein Reiserad sammt Gepäcktaschen gemietet mit dem die Erkundung stattfinden sollte.
Das Wiedersehen nach 3,5 Monaten ist ein unbeschreibliches Gefühl. Eine Umarmung von einem liebenden Menschen ist mehr als nur eine Umarmung, erst recht nach 14 Wochen langer Distanz voneinander. Wir freuen uns sehr und haben natürlich sehr viel zu erzählen. Dafür ist Taiwan perfekt, denn bei gutem Essen unterhält man sich gerne. An kleinen Küchen mangelt es hier nicht. Wir beide sind überwältigt vom Angebot der Kulinarik. Die Nachtmärkte laden dazu ein, sich in der Welt der Speisen durchzuprobieren.
Dann, nach zwei ganzen Tagen in der Hauptstadt, waren wir startklar. Das Wetter aber seit Tagen und für die nächste Zeit eher miserabel. Estelle und ich fahren los. Durch die Megastadt fließen wir mit dem Verkehr hindurch und landen für den ersten Tag in Yingge. Ich lobe sie an diesem Tag ganz besonders, denn mit einem unbekanntem Rad, zum ersten Mal mit Gepäcktaschen, bei nassem Wetter, in einer fremden Großstadt und heftigem Verkehr, meisterte sie es einfach nur hervorragend!
In der Kleinstadt, nächtigen wir in einem Mehrbetten-Saal, da das Wetter nach wie vor unangenehm ist. Dichte Wolken begleitet von Schauern laden nicht wirklich zum Campen ein. Erst recht nicht, wenn man das noch nie in dem Radreise-Stil gemacht hat. Die Unterkunft tut gut.
Am nächsten Tag rollen wir weiter und genießen paar wenige Sonnenstrahlen. Unterwegs staunen wir über den Ausbau von Fahrradstrecken und extra angelegten Routen, Parkplätzen sowie Infotafeln bezüglich dem Radfahrens. In der Tat, vor paar Jahren hat Taiwan enorm viel Geld in die Fahrrad-Infrasruktur investiert. Besonders viele Velofahrer sind aber nicht unterwegs.
Die allerste Nacht im Zelt verbringen wir die Nacht drauf in einem öffentlichen Park, wo die Einheimischen ihre Spaziergänge machen, Gymnastik, Gassi gehen mit dem Hund oder auch nur am Parkplatz im Auto sitzen und Videos am Handy schauen. Unser Platz ist perfekt, wir fühlen uns wohl. Ganz ganz früh am Morgen, werden wir von turnenden Frauen mit lauter Musik geweckt. Fast direkt vor unserem Zelt!
Der Himmel an den Tagen entlang der Westseite der Insel, ist leider mit entweder dichten Wolken oder einer Art Nebel bedeckt. Keine Fernsicht und fröhliche Farben, jedoch angenehme Temperaturen zum Radfahren und Campen von über 20 Grad. Diese Seite der Insel entspricht uns nicht wirklich. Zum Teil heftiger Verkehr auch auf den klein-markierten Wegen auf der Karte. Wir bekommen immerwieder die Info, dass der Süden und vor allem der Südosten sonnengepriesener sei. Wir kürzen ab und nehmen für ein Stück den Zug nach Tainan. Alles läuft problemlos, das Land und die Logistik sind für Fahrräder eingestellt. Während der 1,5 stündigen Fahrt bemerken wir tatsächlich, dass die Wolken bzw. dieser "Dunst" in der Region bleibt und sich Kilometer für Kilometer mehr die Sonne und blauer Himmel zeigt. Super! Weiteres erfreut mich, dass ich meine in Australien geprellte Rippe nicht mehr spüre.
In der Stadt quartieren wir uns in einer netten Unterkunft ein und besuchen einen Stadtteil eher es am nächsten Tag entlang des Meeres nach Kaohsiung City geht. Wir genießen die ruhige Fahrt mit Ausblick auf den unendlichen Horizont und mit den für uns so wichtigen Sonnenstrahlen. Über den "Tiger&Dragon"-Park kommen wir in der Stadt an und am Abend genießen wir das komplett andere Angebot an Essen als im Norden der Insel. Hier definitiv Meeresfrüchte! Zum Glück hat sich Estelle ihr Hunger bereits auf den eines Radfahrers eingestellt. Größere Mengen bzw. viel Verschiedenes kosten wir hier und da.
Die Stadt verlassen wir mittels Zug (der einfache Ablauf vor paar Tagen hat uns gefallen). So brauchen wir nicht durch die zweitgrößte Stadt fahren und kommen gleich direkt in einer sehr kleinen Ortschaft heraus, von der wir auf einer winzigen Dorfstraße weiter gen Süden fahren. Wir kommen an kilometerlangen Ananas- und Mango Plantagen vorbei. Sämtliche Backwaren gibt es hier um Süden mit Ananasfüllung- da pocht das Radlerherz :)
Gegen Ende des Tages, stellen wir unser Zelt direkt vor dem Meer auf einer Anhöhung auf und sind überglücklich. Top Wetter, sehr schönes klares Meerwasser, Korallen vom Ufer aus sichtbar und eine frische Ananas :)
Der Süden gefällt uns so richtig gut. Viel weniger Verkehr, tolle Landschaft, schöne Straßen und auch viel mehr Radfahrer. Die nächsten Tag verbringen wir stets dem Meer entlang. Wirklich, sensationell! Dann, fahren wir mal links in das Gebirge hinein und bewältigen einen sehr schönen Pass. Insgesamt geht es 600 Meter hinauf. Seeehr schön! Windige Straße, üppige Natur, Affen und rießige Schmetterlinge. Anschließend campieren wir mittendrin. Wir genießen das kurz davor gekaufte "Taiwan Beer" mitten im Dschungel (so kommt es uns zumindest vor). Das allerbeste: wir befinden uns auf einem wohl stillgelegtem campingplatz. Somit benützen wir die freistehenden Duschen mit 360° Aussicht auf Grün und Himmel! Heeerrlich!
Wir folgen der Straße weiter hinauf. Es ist Wochenende: "Alle" Taiwanesen sind auf den Straßen. Hier im Südosten der Insel alle auf den Fahrrädern, so kommt es uns vor. Die meisten TOP ausgestattet mit Carbon-flitzern und Radkleidung. Von Socken bis Stirnband alles hat einen Namen und besondere Farben und Farbkombinationen. An den Rastplätzen (es gibt auch welche extra für Radfahrer) trifft man sich wieder und man staunt nicht schlecht, wieviele von denen genüßlich eine Zigarette nach der anderen rauchen. Also Fitnesssport oder Fashion"sport"?
Wieder am Meer sind wir überwältigt von der Schönheit der Ostküste. Gigantisch diese Kräfte, Farben und Weiten. Zwar ist hier der Verkehr wieder stärker, aber das stört nicht ganz so sehr wir auf der Westseite. Wir schauen eigentlich die ganze Zeit nur nach Rechts auf das Meer :)
Von paar Radfahrern bekommen wir den Tipp, dass es entlang der Ostküste die Möglichkeit gibt bei den Polizeistationen zu Übernachten. Wir informieren uns genauer und in der Tat. Die Ostküste ist so richtig für Radfahrer ausgestattet. Auf fast! jeder Polizeistation kann man Übernachten. Entweder ganz einfach irgendwo am Gelände im eigenen Zelt oder an speziell gebauten Holzplattformen, die überdacht sind. Warme Dusche, Strom, Werkzeug und Trinkwasser gibt es auch. Echt echt toll! Wir nehmen von diesem Angebot bis wir im Norden ankommen, fast täglich Anspruch. Einmal bekommen wir einen kompletten Raum mit Küche und Dusche nur für uns. Wir sind sehr dankbar, denn zu dieser Station kommen wir komplett durchnässt nach einem starken Regenschauer an.
All diese Stationen oder Rastplätze sind mit Schildern ausgewiesen. Auch bis zu 60 Kilometer davor. So kann man eigentlich gut planen. Manko: nur in chinesischen Schriftzeichen. Einen Plan oder ähnliches haben wir nicht gefunden, jedoch im Internet die Namen der Stationen die definitiv Übernachtungen anbieten. Es gab aber auch Stationen die es nicht angaben, uns aber gerne übernachten liesen.
Nachdem wir Hualien erreicht hatten, durchquerten wir die Stadt am Meer entlang. So waren wir kein Teil vom Verkehr und genossen stattdessen eine rießige Parkanlage mit sehenswerten Kunststücken. Bald bogen wir wieder links. Ins Gebirge. Diesmal ernsthaft und nennenwert Gebirge. :) Der Taroko Schlucht entlang hinauf nach Dayuling. Knapp 70 Kilometer und 2800 Höhenmeter. Wir teilten uns dies in 2,5 Tage ein. Im Internet finden wir noch Infos über Übernachtungsmöglichkeiten und decken uns mit Proviant ein.
Die erste Nacht, kurz vor Anstieg, verbringen wir direkt beim "Visitor Center" der Schlucht. Die zweite im Tempel in Luoshao und dritte in der Jugendherberge in "Guanyuan". Aber bleiben wir mal bei der ersten...
Mitten in der Nacht werden wir von einem Ameisenvolk überrascht. Ich spürte etwas krabbelndes am Kopf und schaute doch mal nach. Tatsächlich haben sie es geschafft meinen festen Zeltboden durchzubeissen und so die Arbeiter-Ameisen hineinzuschicken. Insgesamt sieben Löcher von 1-2 mm Durchmesser entdecke ich. Wir siedelten das Zelt um und ich klebte die Löcher zu. Der Rest der Nacht verlief wie im Traum.
Der erste Teil mit ca. 36Km und 1300 Höhenmetern geht durch die sehr sehr sehenswerte Taroko Schlucht. Zwar teilt man sich die Straßen mit zig Reisebussen aber zum Glück nur die ersten 16km. Hier (nach den 16km) gebe es zwei "Campingplätze". Hier drehen die Reisebusse um, die Straße wird sehr ruhig. Nach nur wenigen Kilometern kommen wir in "Tian Xiang" an und nehmen unsere Mittagsessen ein (großes Angebot und normale Preise). Ab hier wird es noch ruhiger und die Landschaft satt grün und überwältigend. Ein Traum vom Pass im Grünen! Sonnenschein, Wasserfälle in der Ferne, Affen in den Bäumen, ganz ganz große bunte Schmetterlinge, Blüten am Blühen!
Im Tempel angekommen (da gibt es mehrere Varianten zum Übernachten: von Null bis 900 Taiwan Dollar), sind wir überfroh und ich soooo stolz auf Estelle! Meisterleistung für einen "Newcomer". Wir wussten, dass die kommende Nacht kalt werden würde und der nächste Tag verregnet. Wir entschlossen hier einen Rasttag (den ersten überhaupt) einzulegen. Tat uns beiden sehr gut. In der großen Küche der Anlage zauberte Estelle leckere Gerichte. Die restliche Zeit verbrachten wir mit Lesen, Musik hören oder nachwievor von der Zeit zu erzählen, in der wir uns nicht gesehen hatten.
Die Nacht später, Sonnenschein, Vögel zwitschern, es kann losgehen. Weitere 1500 Höhenmeter hinauf. Mit vielleicht ingesamt 30 Autos. Top! Ein Genuss pur. Mittag kehren wir in "Ci En" ein. Auch hier, gutes Angebot und angemessene Preise.
Die Luft wird deutlich dünner und ist man kurz im Schatten wirds auch kühler. Unser Glück, wolkenfreier Himmel den ganzen Tag lang. Es folgen auch paar interessante Tunnel und etliche windige Passagen. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Jugendherberge in "Guanyuan" ( 500 p.P. mit chinesischem Frühstück). Die restlichen Stunden verbringen wir liegend auf der Terrasse im Sonnenschein auf etwas über 2500m. Sobald die Sonne schwächer wird, verziehen wir uns in den Mehrbettensaal. Draußen hat es Abends mittlerweile nur mehr drei Grad. Mit uns sind noch acht weitere Gäste in der rießigen Anlage, den Saal haben wir aber für uns allein.
Durch das Panorama-Fenster im Zimmer, werden wir gleichzeitig mit dem Sonnenaufgang wach. Nach dem Frühstück (Reis-Suppe, Gemüse und Dampfbrot) starten wir für die letzten Höhenmeter nach Dayuling auf einer Höhe von 2565m. Bald ist das Ziel erreicht, dass wir mit einem Handschlag feiern. Weiterhin haben wir Glück mit dem Wetter. Ab hier geht es vorerst durch einen weiteren Tunnel und schließlich für lange Zeit bergab.
Nach dem Mittagessen in "Lishan" geht es noch bisschen runter und überraschender weise nochmal ca.400m hinauf. Ab hier hat Estelle sehr starke Knieschmerzen und schleppt sich gerade noch so hoch. Die folgenden 60km bergab, meistert sie mit zusammengebissenen Zähnen. Links und rechts ergibt sich nichts zum Übernachten also fragen wir bei einer Polizeistation nach. Da sie abseits von der Ostküste-Radstrecke liegt, bietet sie nicht den Service einer Übernachtung. Jedoch als sie mitbekommen, dass Estelle kaum gehen kann, geht alles recht schnell. Wir bekommen das wohl einzige Zimmer (des Offiziers), Dusche, Tee und ein großes Abendessen. Echt lieb und bemüht die Herren.
Früh morgens, werden wir vom Offizier, der von dem nichts wusste, regelrecht aus dem Zimmer vertrieben. Sein Gesichtsausdruck war ganz und gar nicht positiv. Dennoch, die Herren der Nachtschicht, möchten noch das Versprechen vom Vorabend einlösen und ein Gruppenfoto für die Station. Wir müssen schmunzeln als ausgerechnet der Offizier und nur wir beide auf dem Foto sind. Ha ha.
Wir verabschieden uns herzlich und rollen los. Estelle´s Knie hatte sich sehr gut erholt. Trotzdem, für heute planen wir nur eine geringe Distanz. Am Vorabend noch, organisierten wir uns eine Übernachtung bei einem Pärchen aus "Warmshowers". "Joyin und Ewam" empfangen uns mit offenen Armen. Das lustige an dem Ganzen ist das...Von der Polizei kommen wir ins "Gefängnis". Ewam ist nämlich Gefängnis-Wart in Yilan. Sein Zuhause, gleich hinter den Mauern. Wie wir recht bald erfahren ist er nicht nur Wart sondern auch Künstler und Menschenrecht-Aktivist. Kurz nach unserer Ankunft, treffen zwei Fernseh-Moderatorinnen sammt TV-Team ein. Ewam wird zwei Interviews zu seinen gezeichneten Bildern geben. Wir sind live dabei.
Er zeichnet die Geschehnisse und Umstände des Gefängnises auf Papier und veröffentlicht diese. Angefangen vor paar Jahren, gab es noch reges Interesse. Jetzt, ist es ein wichtiges Thema und mittlerweile gibt es auch eine Aktivisten-Gruppe in Taipei, die sich für die Gefangenen und die Einrichtungen einsetzen.
Trotz der Sprachbarrerie beim Interview, verstehen wir durch die Bilder fast alles. Wen es interessiert einfach im Internet nach "Ewam Lin" suchen.
Von den beiden haben wir nicht mehr weit bis nach Taipei. Doch drehen wir noch eine kleine Runde rundherum. So geht es die letzten Radtage entlang der Küste in den Norden. Sensationelle Küstenlandschaft!! Sehr imposant! Absolut empfehlenswert! Wildes Campen total easy und sehr schön.
Später, wieder in Taipei, fahren wir zwar durch die Stadt aber nur an Radwegen entlang der großen Flüsse zu Michael. Auch ein Mitglied in "Warmshowers". Doch er selbst ist nicht da, deswegen dürfen wir in der Wohnung von seinem Bruder nächtigen, der aber auch nicht da ist :) Michael lernen wir nur per Video kennen. Ein herzensguter Mensch, der uns vieles in Taipei erleichtert und organsiert hat. Mit seiner Niechte gehen wir auf den "Elephant Shan" (Berg) um eine Postkarten Aussicht auf Taipei und den 101 Turm zu bekommen. Hammer!! Und dann noch bei einem Bombenwetter! Seine Eltern haben uns eine Fahrrad Schachtel für Estelle ihr Fahrrad besorgt. Er besorgte uns auch Fahrkarten, mit denen wir die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen konnten. Ein Freund von ihm, brachte uns einen Trolly für den Transport unserer beiden Kartons und Gepäcks zum Busbahnhof.
Also echt, solche hilfsbereite Menschen trifft man leider viel zu selten. Danke Michael!
Zum Abschied von Taipei und Taiwan, fuhren wir den 101 Tower hinauf (Fahrstuhl fährt mit 1km/min). Die Aussicht am Tag ist der Hammer! Dann der Sonnenuntergang vom 91. Stock.... !!! Und dann das Ganze mit Nachtlichtern!! OUH YEAH!
Nächsten Tag gehts früh los. Zuerst mit dem Trolly beide Rad-Kartons plus Gepäck zum Busbahnhof. Mit dem Bus (wir dürfen nur getrennt fahren da jeder von uns "zu viel" Gepäck hat) zum Flughafen und schließlich ab in den Flieger nach J A P A N!
Alles läuft problemlos. Taiwan war sehr interessant und vor allem für Radfahrer gut organisiert. Die Westküste/-seite jedoch nicht wirklich empfehlenswert. Für freies Internet registriert man sich am besten einmal bei "iTaiwan" (mit Passportnummer und Geburtsdatum als Passwort). Funktioniert sehr oft hervorragend. Mit der App "MapsMe" hat man wieder eine super Karte mit sehr vielen Infos und vor allem vielen Radwegen abseits großer Straßen.

Stand:
8.410 Km
469:25 h
84.228 Hm

Herzlichst,

Piotr

>>oben

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Japan

Am Abend des 5.April, landen wir am Kansai Flughafen, der auf einen künstlichen Insel gebaut wurde. Schön und gut, aber mit dem Fahrrad oder als Fußgänger darf man nicht über die Verbindungsbrücke. Vorab hatten wir uns über allerlei Regeln Japans informiert, auch über den Transport über die Brücke. Also: wenn man die Fährräder verpackt lässt, werden sie im öffentlichen Bus (200 Yen) im Gepäckfach kostenlos mitgenommen. Wir fahren nur über die Brücke und verlassen den Bus. Wir sind also tatsächlich in Japan angekommen. Wir schmunzeln uns an. Es dämmert bereits ein bisschen, so beeilen wir uns mit dem Fahrrad-Zusammenbau. Dafür suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen. Schon bald lernen wir kennen, dass die Japaner extrem korrekt sind und auch hartnäckig. Uns ist gar nicht aufgefallen, dass wir auf einem von drei (leer-stehenden) Taxi-Parkplätzen unsere Räder montieren. Nun ja, darf man nicht! Wir mögen bitte sofort den Platz wechseln. Wir vertrösten die Dame mit einem Lächeln und sagen "5 Minuten, Ok, no problem". Die Dame lächelt uns an und antwortet "sorri, sorri, Taxi, no, no, sorri, sorri". Das folgt so lange, bis wir unsere Räder zusammengebaut hatten. Es kam weder ein Taxi noch ein anderes Fahrzeug in dieser Zeit. Wie dem auch sei. Als bald wir fertig waren, kam auch gleich ein uniformierter Herr und nahm unsere Kartons dankend und beugend und dankend und beugend entgegen.
Phuuu.. wir wollten jetzt erstmal nur aufs Rad und einfach fahren. Bei der nächsten Tankstelle holen wir uns Benzin für den Kocher. Am Vorabend in Taipei, hatten wir uns via Satelliten-Bildern einen möglichen Schlafplatz gesucht, diesen fuhren wir jetzt an. Perfekt! Optimal! Unsere erste "wilde" Übernachtung in einer Japanischen Stadt: hinter einer sehr sauberen öffentlichen Toilette mit HighTech-Washlet-WC´s, an der Meeres-Promenade gelegen. Wir kochen unser Abendmahl und genießen das Meeresrauschen und schöne Farben des Himmels.
In der früh erfreuen wir uns über den Zelt-Ausblick auf Kirschblütenbäume und das Vogelgesang-Konzert. Weiter gehts Richtung Koya-San auf sehr ruhigen Straßen hinauf auf knapp 500 Meter Höhe. Leider ist für die nächsten Tage das Wetter nicht auf unserer Seite. So kommen wir in dem mystischen Ort komplett durchnässt/verschwitzt an und suchen uns eine Bleibe (Unterkünfte und Transport in Japan sehr teuer!). Der Regen mag gar nicht aufhören. In der Früh, erwischen wir ein trockenes Zeitfenster und spazieren durch das Weltkulturerbe. Empfehlenswert! Tatsächlich hat es etwas mystisches. Die Tempel, die Wälder, die Ruhe, der imposante Friedhof. Am Nachmittag regnet es wieder, wir fahren aber dennoch los. Mal wieder auf Satellitenbildern eine mögliche "wilde" Bleibe gefunden. Jup, Volltreffer! Großzügiges Dach, reichlich Platz zum Sachen aufhängen und das allerbeste: eine Lagerfeuer-Stelle sammt trockenem Holz! Oh man! Wir machen es uns wild-romantisch, kochen am Feuer und trocknen nebenbei noch unsere gesamte Rad-Kleidung.
Das Wetter beschenkt uns mit paar Stunden Sonnenschein und wir folgen Flüssen wieder hinab zum Meer Richtung Wakayama. Es kommt uns vor in einem Märchen zu sein, denn die Kirschblüten (Sakura) sind gerade beim Blühen und die rosa Farben dominieren die Landschaft. Wir fühlen uns verzaubert. Die Sonne und Wärme, die Blüten, die Flüsse, kaum Verkehr und wenn dann meist flüsterleise Hybrid-Autos. Ach, wie schön!
Von Wakayama aus nehmen wir die Fähre (hat Wifi) nach Tokushima (ca.2h) auf der Shikoku Insel. Dort nehmen wir die Straße no.438 und folgen ihr bis wir zur no.32 kommen. Auf dem Weg erwischt uns ein weiterer Regenschauer. Glücklicherweise hat der Ort, an dem wir vor haben zu Nächtigen, einen "Onsen" (Thermalbad). Selbstverständlich finden wir uns beide schon bald darin und kochen uns richtig warm. Nach wie vor leben wir in einer Märchenlandschaft. Übersäht von Kirschblüten und kleinen Bächen oder gar starken Flüssen.
Die Shikoku Insel, gefällt uns sehr gut, sogar am besten wie wir ganz am Schluß feststellen werden. Besonders die Landschaft, kaum Verkehr und das extrem klare Wasser! Auf der Route bewältigen wir auch den ein oder anderen Pass, der aber nie angekündigt wird. Der höchste ist mit 1300m, also 1100m am Stück hinauf. Oben erreichen wir noch den Übergang zwischen Winter und Frühling. Drei Grad über Null und Schnee. Ich bin sehr sehr stolz auf Estelle! Eine großartige Leistung! Die Höhe, die Temperatur und nicht optimale Kleidung für diese Gegend. Zum Glück hat oben bereits eine kleine Küche mit Kaminfeuer geöffnet. Dort stärken wir uns mit warmer Suppe und wärmen uns gleichzeitig wieder auf. Wir ziehen alles an Kleidung an, das wir mitführen. Es folgt die lange Abfahrt von drei auf 20 Grad Celsius. Wir biegen anschließend auf die Straße no. 32 und folgen einem weiteren Fluss. Ach, ich merke gerade, wieviele Details ich im Kopf habe von dieser spektakulären Natur...Beschreibung: unmöglich.
Unsere Camping-spots sind jeden Tag wenn nicht praktisch, dann besonders malerisch schön. Von den Menschen bekommen wir kaum was mit. Entweder sind sie im Auto, im Supermarkt oder sonst wo. Die Straßen in den Dörfern jedenfalls sind leer und auch sonst wirkt die Insel extrem ruhig.
Schön langsam findet die Sonne hierher und bleibt auch für mehrere Tage konstant warm mit Temperaturen über 25 Grad. Das Radfahren ist schon mehr ein dahingleiten, denn wie gesagt, das Rundherum ist einfach atemberaubend schön. Nach der Straße no.32 folgen wir der no.439 bis zum Schluss- WOW!!! Alleine diese Route, leute!... wuuunderschön und sooooo abwechslungsreich. Mal Hochgebirge, mal Tal, mal Schlucht und am Ende Strand und Meer.
In Tosashimizu, klingen wir diese wunderbare Fahrt bei Wein, Spaghetti und frischen Chapatis aus. Wir campieren direkt am Pier des Hafens. Herrlich, echt! Den Tag darauf folgen wir der rauhen Küste, um in Sukumo die Fähre auf die Insel Kyushu zu nehmen. Hmm, das war der ursprüngliche Plan. Als wir nach dem Ticket fragen klingt alles noch ganz normal und wir gehen einen Schritt weiter zum Nachfragen nach der Abfahrt. Der Herr erwidert mit gekreuzten Armen und sagt "no ferry". Mit einem Internet-Übersetzer, eine Weile später, lässt er uns verstehen, dass die Fähre für die nächsten zwei Wochen außer Gefecht ist. Wir mögen den nächstmöglichen Hafen ansteuern.
Wir überlegen uns das alles und gehen unsere mögliche Route theoretisch durch. Entscheiden uns anschließend für den direkten Weg um auf die Honshu Insel zu kommen und zwar mit der Fähre von Matsuyama nach Hiroshima. So geht es weiter auf zuerst stark befahrenen Straßen und schließlich wieder auf Ruhigeren, die dann auch direkt am Meer liegen.
Mal wieder schlägt das Wetter vor, für die kommende Nacht eher eine Unterkunft oder ähnliches aufzusuchen. Am besten auch für den darauffolgenden Tag.
Wir "fragen" mal die Einheimischen (dauert erstmal bis wir überhaupt welche zu Gesicht bekommen), ob wir wo in der Garage oder vergleichbaren unser Zelt aufschlagen dürften. Es dauert, wir werden von einem Nachbarn zum Anderen geschickt bis wir letztendlich in einem traditionellen Haus-komplett aus Holz-gebaut ankommen und dort zwei Nächte bleiben dürfen. Mir kommen gleich Bilder in den Kopf von Samurais und Geishas. Das Haus wird nur mehr als Gartenhaus genutzt, das eigentliche Domizil der Familie ist nur paar meter weiter. Wir sind soooo dankbar und freuen uns rießig. Am kommenden Tag schüttet es wie aus Eimern, da kommt besonders Freude bei uns auf.
Weiter gehts...am Hafen angekommen geht alles sehr schnell, denn wir kommen gerade rechtzeitig zur Abfahrt an. Bis nach Hiroshima fahren wir etwas weniger als drei Stunden. Dort angekommen fahren wir an schönen Radwegen direkt ins Zentrum und in den "Peace Park". Im Museum über den Atombomben-Abwurf erfahren wir mehr über die Geschichte bzw. über die grausamen Geschehnisse.
Die Nacht verbringen wir direkt im "Central Park" in der Stadt. Toiletten, Wasser und Ruhe. Früh morgens turnen Sportler um unser Zelt herum. Keiner sagt etwas, jeder geht seinem Interesse nach. Dies genießen wir ganz besonders in Japan, die Harmoniebewahrung. Was wir aber vermissen ist der Kontakt, die Kommunikation. Nach einer Zeit kommt uns das Land "steril" vor.
Hiroshima verlassen wir nordöstlich und fahren die nächsten Tage im Zick Zack durch die Berge bis nach Kyoto. Jede Nacht campieren wir idylisch am Rande vom Wald, am Fluss-/Seeufer oder einem kleinem Wiesenfleck. Jeden Tag, bis auf die letzten zwei vor Kyoto, fahren wir fast alleine durch die Wälder. Japan hat sooooo viel Wald und Vögel! Unglaublich!!
So sehr hatten wir uns auf Kyoto gefreut und ein traditionelles Leben zu "erleben/sehen" und so sehr hatten wir uns gefreut es wieder zu verlassen. Zwanzig Kilometer vor der Stadt waren die Straßen bereits dicht mit Fahrzeugen!!! In der Stadt selber, nicht anders. Die zum Teil gigantischen Tempelanlagen liegen zum Glück abseits des Getummels. Dort kann man sich dann wieder erholen und Atem holen für den nächsten Teil der Stadt-Überquerung.
Hier traf ich meinen Freund Takuya wieder. Kennengelernt 2009 in Kirgistan, besuchte er mich in 2010 für paar Tage in Bayern. Jetzt wohnten wir für drei Tage bei einer Freundin von ihm im Nachbarort Otsu. Es war auch mal wieder Zeit, die Wäsche gründlicher zu waschen als nur im Bach oder im Waschbecken einer öffentlichen Toilette. Wieder gestärkt radelten wir entlang des "Biwako See´s". Anfangs noch mit recht viel Verkehr. Der See und die Berge im Hintergrund zeigten sich an diesem Tag von der schönsten Seite und luden richtig ein zum Cruisen und früher als sonst das Camp aufzuschlagen. Direkt am Seeufer natürlich. Lagerfeuer-Romantik und echte Schokobananen rundeten den Abend harmonisch ab. Purer Genuss des Lebens!
Mit schwerem Herzen verlassen wir den Platz am nächsten Tag und schon bald kommen wir in die Berge, die wir bis zum "Fuji"-Berg nicht verlassen haben. Fast eine Woche radeln wir ununterbrochen Pässe hinauf und hinunter. Durchqueren Kilometerlange Tunnel (der längste mit 4.470m), bewältigen das ein oder andere Schneefeld, sehen sehr viel wildes Leben wie einen Hirsch, goldigen Wiesel (zumindest glaub ich, dass das ein Wiesel war), Fuchs, zig Falken und Bussarde und sogar einen kleinen Bären!!! Wir sind vollkommen verliebt in die Natur! Die meisten Kilometer Richtung "Fuji" sind wir einsam durch die Wälder gefahren, die anderen, auf eher mittel bis stark befahrenen. Leider ist auch hier die Verschmutzung präsent (eigentlich überall in Japan wo wir jetzt geradelt sind). Links und rechts von den Straße findet man reichlich Abfall (selbstverständlich nur fleckenweise). Waschmaschinen, Autoreifen, Microwellen, Kühlschränke etc.. dann noch unzählig "To Go"-Behälter.
Unsere Campingspots verlassen wir stets mit mehr Müll, als wir selber "produziert" haben.
Nun ja, zurück zum Straßenleben... An einem der Tage kommen wir wieder von einem Pass hinunter und entscheiden demnächst das Lager für die Nacht zu finden. Wie sonst in Japan, geht das recht schnell. Neben einem Sumo-Ring ist reichlich Platz unter Kirschblüten-Bäumen. Perfekt! Wir genießen noch die letzten Sonnenstrahlen und schauen uns ein wenig um. Estelle entdeckt im nicht abgesperrten Sumo-Trainingslager (leicht zu erkennen), warme Duschen. Weit und breit keine Sumo-Ringer. Wir überlegen nicht lange und duschen uns seit langem mal wieder mit warmen Wasser. Welch ein Fest! :)
Morgens kommen all die Ringer und Trainer und starten lautstark ihr Training. Wir dürfen hineinkommen und ein Teil des ganzen-sehr interessanten-Spektakels sein. WOW!!
Mit den Tagen erreichen wir den fast schon spirituellen Berg "Fuji" mit seinen 3776m. Welch ein Anblick und wir haben viel Glück mit dem Wetter. Insgesamt drei Nächte in der Nähe des Berges. Ein Traum ist war geworden!
Ab hier wissen wir, ists vorbei mit der Romantik des wilden Lebens. Es geht weit weit bergab in das Ballungsgebiet. Extremer Verkehr, schlechte Luft und die Aussichten sind nicht wirklich interessant. Nach einem Tag durch diesen Nebel spüren wir, wie sehr uns die "echte" Natur abgeht. Wir entscheiden uns nochmal einen Abstecher zu machen und genießen mal wieder die einsamen Sträßchen, die gerade mal so breit sind, dass ein Fahrzeug durchpasst. Selbstverständlich ist da kaum Verkehr. Top!
Für Tokio - Umgebung suchen wir bereits seit Wochen einen GastgeberIn, wo uns Unterschlupf gewährt wird. So viel Absagen wie in Japan habe ich noch nirgends erhalten. Fast 99%! Doch es endet so, wie es wohl enden sollte. "Art" aus den USA, heißt uns herzlichst willkommen in seinem Appartment (1,5 h Zugfahrt nach Tokio). Er unterrichtet Englisch und lebt in Japan (immerwieder wo anders) seit acht Jahren. Er lässt uns alle Freiheiten und wir fühlen uns richtig gut bei ihm. Je mehr wir von Tokio erfahren bzw. durch die anderen größeren Städte Japans gefahren sind, verlieren wir Interesse überhaupt die Metropole zu besuchen. Dennoch entscheiden wir uns mit dem Zug hineinzufahren. Wir halten es genau fünf Stunden aus. Darunter waren ca. zwei Stunden im Park. Ha ha ha. Nein, Städte sind nichts für uns.
Beim Ticketkauf für den Zug brauchen wir eine Weile. Keiner hilft oder erkennt zumindest die Situation, dass wir Hilfe benötigen. Letztendlich klappt es mit Hilfe eines Bediensteten und wir sind froh wieder bei unserem Gastgeber "Art" anzukommen.
Ab jetzt bereiten wir uns nur mehr auf die Abreise vor. Fahrradschachteln für den Transport der Fahrräder im Flugzeug, bekommen wir ganz einfach vom Radhändler wenige hundert Meter weiter. Die letzte Zeit verbringen wir nur mehr mit Bericht schreiben, richtig gut japanisch Essen gehen und sonst die Reise zu reflektieren. Einen Tag vor Abflug fahren wir dann los. Vollgepackt mit Kartons und unserem Gepäck, folgen wir sehr kleinen Straßen und sogar richtig schönen Radwegen bis wir den Flughafen erreichen. Wir entscheiden uns ganz in der Nähe des Airports zu nächtigen um am nächsten Tag ganz ohne Eile alles erledigen zu können. Wir finden einen sehr schönen Platz wo die Flugzeuge fast direkt über uns in die Höhe schießen! Welch ein Ohrenbetäubendes Spektakel, dass bis ca. elf Uhr Abends geht.
Letzten Stunden in Japan, wir packen alles wieder auf die Räder und fahren los zum Check in. Alles läuft problemlos und schon bald sitzen wir im Flieger Richtung Moskau. Von den 10 Stunden fliegen wir mehr als die Hälfte über Eis von Sibirien. Wolkenfreier Himmel beschenkt uns atemberaubende Aussichten der gefrorenen Wüste. Es kommt mir innerlich der Wunsch, jetzt wo ich "fertig" mit Japan bin, dort unten mit den Ski, Zelt und Kocher unterwegs zu sein... Why not?!

Abschließend noch Infos zu Japan:
Laut den Einheimischen kann man das Leitungswasser überall trinken. Wir füllten uns die Flaschen die gesamten sechs Wochen nur aus der Leitung auf. Auf der Shikoku Insel, wo das Wasser so klar wie klar war, tranken wir es sogar direkt aus dem Fluss. Internet und Strom fanden wir bei jedem "7eleven"-Market. Zugfahren und Reise-Rad in JAPAN???? Forget it! Viel zu umständlich und verdammt kostenspielig (außer man reist mit einem Faltbaren und wenig Gepäck). Fähren dagegen super einfach und komfortabel. Mit der App "MapsMe" hat man auch wieder eine super detaillierte Karte, aber leider sind in der Japan-Karte nicht besonders viele markierte Zeichen wie Supermarkt, Bank, Post etc...eingespeichert. Wildzelten ist super einfach und man findet eigentlich jede paar Kilometer geeignete Stellen zum Übernachten, selbst in Großstädten! Da eignen sich die Parks. In großen Supermarkets bekommt man frisches Essen zu guten Preisen. Noch dazu die Möglichkeit das Essen aufzuwärmen, Tee zu trinken und zu Tisch zu sitzen.

Stand und Ende:
10.677 Km
600:08 h
108.312 Hm
181 days on "cycling far east"- Tour

Herzlichst,

Piotr​

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